Bolivien: Hunderttausende bekunden Solidarität mit Regierung

Vor allem Arbeiter:innen und Indigene gehen für die Demokratie auf die Straße. Präsident Arce verspricht wirtschaftliches Wachstum und Wohlstand für alle

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Besonders Indigene, Landwirt:innen, Bergleute, Transportarbeiter:innen und Gewerkschaftsführer:innen schlossen sich der Mobilisierung an
Besonders Indigene, Landwirt:innen, Bergleute, Transportarbeiter:innen und Gewerkschaftsführer:innen schlossen sich der Mobilisierung an

La Paz. Unter dem Slogan "Marsch zur Verteidigung der Demokratie und des wirtschaftlichen Wiederaufbaus" sind vergangene Woche hunderttausende Bürger:innen von El Alta nach La Paz gezogen, um ihre Unterstützung gegenüber der Regierung von Präsident Luis Arce und seiner Bewegung zum Sozialismus (MAS) zu demonstrieren.

Dazu aufgerufen hatten die Basisbewegung Pacto de Unidad (Pakt der Einheit) und der Dachverband der Gewerkschaften Boliviens COB (Central Obrera Boliviana) sowie über hundert ländliche und städtische Organisationen.

Angesichts der Massen an Menschen, die für ihn auf die Straßen gingen, sprach der Präsident in seiner anschließenden Rede gar von "der größten Bürgerdemonstration in der Geschichte des Landes".

Mit bolivianischen Fahnen, Whipalas (Fahne der andinen Indigenen) und Pututus (andines Blasinstrument) kamen Menschen aus allen Landesteilen zusammen, um zum Hauptplatz San Francisco im Stadtzentrum von La Paz zu marschieren. Dort hielten Arce und Vizepräsident Choquehuanca die Abschlussreden.

Unter den Demonstrierenden waren Landwirt:innen, Bergleute, Transportarbeiter:innen und Gewerkschaftsführer:innen, die lautstark mit Parolen und mit Schildern wie "Präsident Luis Arce, Vizepräsident David Choquehuanca, Sie sind nicht allein, wir werden die Demokratie verteidigen" ihre Unterstützung kundtaten.

In seiner Rede erklärte Arce mit Blick auf den Putsch von 2019, in dessen Folge Ex-Präsident Evo Morales ins Exil ging, "es ist klar geworden, dass das bolivianische Volk keine weiteren Staatsstreiche will" und er mahnte, "einen neuen Staatsstreich gibt es nur über unsere Leichen".

Im November 2019 hatte die Politikerin Jeanine Áñez die Macht übernommen, nachdem Militär und Polizeikräfte eine Drohkulisse gegen die gewählte Regierung aufgebaut hatten, die Präsident Morales und seine MAS-Minister:innen aus dem Amt beförderte. Die neuen Machthaber konnten sich nur ein Jahr halten. Áñez und hohe Funktionsträger des Militärs sind inzwischen unter Anklage und erstinstanzlich wegen verfassungswidriger Übernahme der Regierung verurteilt. Handlungen in der Phase der Gewalt und Repression gegen indigene, soziale und linke politische Organisationen unter der De-facto-Präsidentschaft von Áñez sind Gegenstand von weiteren Gerichtsverfahren. (amerika21 berichtete). Áñez und die rechten Kräfte des Landes verteidigen bis heute ihr Vorgehen als rechtmäßig.

Mit seinen Worten wendete sich Arce insbesondere an die rechte Opposition um das Comité pro Santa Cruz und Luis Fernando Camacho, die in der Vergangenheit immer wieder zu Protesten gegen die Regierung aufgerufen hatten.

Als Gouverneur des größten und bevölkerungsreichsten Departamento Santa Cruz hat Camacho erst Anfang August seine Anhänger:innen zu einem zweitägigen Streik mobilisiert, um die Verschiebung der Volkszählung auf 2024 rückgängig zu machen. Der wirtschaftsstarke Osten des Landes erwartet durch den kommenden Zensus mehr politische Einflussnahme (amerika21 berichtete).

Nach jahrzehntelangem Ausverkauf der heimischen Rohstoffvorkommen an ausländische Firmen setzt die linke Regierung um Arce auf eine nationale Industrialisierung, insbesondere von Lithium und Eisen. Durch den Solidaritätsmarsch seiner Unterstützer:innen sieht sich der Präsident in seiner Sozial- und Wirtschaftspolitik bestätigt.

Bereits zwei Tage vor dem Protestzug unterstrich er auf einer Veranstaltung in Bermejo anlässlich des 100. Jahrestag der ersten Ölbohrung auf bolivianischem Boden, dass seine Regierung "nur daran denkt, Bolivien groß zu machen, die Menschen aus der Armut zu holen und dafür zu sorgen, dass es in jedem Winkel des Landes Grundversorgungsdienste, Internetzugang, Produktion und Glück gibt".