Washington/Caracas. Die US-Regierung hat grünes Licht für den Verkauf von Citgo gegeben. Citgo ist die in den USA ansässige Tochtergesellschaft des venezolanischen Ölunternehmens PDVSA und das größte staatliche Vermögen Venezuelas im Ausland. Die Regierung in Caracas macht die Opposition um den Politiker Juan Guaidó für die drohenden Milliardenverluste mitverantwortlich.
In einem Schreiben, das beim Bezirksgericht in Delaware eingereicht wurde, erklärte das US-Justizministerium, dass die Kontrollbehörde für Auslandsvermögen (Office of Foreign Assets Control, Ofac) des Finanzministeriums "keine Vollstreckungsmaßnahmen gegen Einzelpersonen oder Einrichtungen" ergreifen wird, die an einem gerichtlich angeordneten Versteigerungsverfahren von Citgo-Aktien beteiligt sind, das im vergangenen Jahr in Gang gesetzt wurde.
Weiter heißt es, Ofac werde, sobald ein erfolgreicher Bieter auftaucht, eine "günstige Genehmigungspolitik" für die Durchführung des Citgo-Verkaufsverfahrens "oder die Aushandlung einer Vergleichsvereinbarung zwischen den betreffenden Parteien" umsetzen.
Das Schreiben wurde herausgegeben, nachdem die Behörde am vergangenen Freitag die General License 42 ausgestellt hat, die Transaktionen der von der Opposition kontrollierten venezolanischen Nationalversammlung (AN) für den Zeitraum 2015-2020 für die "Aushandlung von Abwicklungsvereinbarungen" im Zusammenhang mit Schulden der venezolanischen Regierung, PDVSA oder Unternehmen, an denen PDVSA 50 Prozent oder mehr der Anteile hält, genehmigt.
Laut Robert B. Pincus, dem "Special Master" des Gerichts mit dem Auftrag, die Genehmigung der US-Regierung für den Verkauf von Citgo einzuholen, könnte das Auktionsverfahren im September beginnen und das höchste Gebot im Juni 2024 geprüft werden. Pincus hatte zuvor das Gericht gedrängt, schnell zu handeln, "um die jüngsten finanziellen und betrieblichen Leistungen von Citgo und den aktuellen Zustand der Raffineriebranche zu nutzen", so die Nachrichtenagentur Reuters.
Mit drei Raffinerien und einem Netz von mehr als 4.000 Tankstellen in den USA hat Citgo im vergangenen Jahr einen Gewinn von 2,8 Milliarden US-Dollar erzielt und könnte mit 13 Milliarden Dollar bewertet werden. Caracas hat jedoch seit 2019 keine Einnahmen mehr erhalten, nachdem Washington die Selbstausrufung Guaidós zum "Interimspräsidenten" anerkannt und die Leitung von Citgo an einen Ad-hoc-Vorstand der Opposition übergeben hatte.
Infolge dieser Übernahme war das Unternehmen einer Reihe von Bedrohungen ausgesetzt, da mehrere ausländische Unternehmen und Anleihegläubiger Aktien als Entschädigung nach Schiedssprüchen und die ausgefallene PDVSA-Anleihe 2020, für die 50,1 Prozent der Citgo-Aktien als Sicherheit verpfändet waren, einfordern wollten.
Der aktuelle Versteigerungsprozess wurde von der kanadischen Bergbaufirma Crystallex vor das Gericht in Delaware gebracht, um 970 Millionen Dollar ausstehende Schulden aus einem internationalen Schiedsspruch in Höhe von 1,4 Milliarden Dollar einzutreiben. Das "Internationale Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten" der Weltbank hatte dies 2016 als Entschädigung für die Verstaatlichung der Goldmine Las Cristinas in Venezuela im Jahr 2008 festgesetzt.
Andere Gläubiger, die ihre Forderungen über Citgo-Aktien eintreiben wollen, sind Owens-Illinois, Huntington Ingalls Industries, ACL1 Investments und Rusoro Mining, die zusammen 1,6 Milliarden Dollar plus aufgelaufene Zinsen einfordern, sowie Koch Minerals und Koch Nitrogen (387 Millionen Dollar) und ConocoPhillips (1,3 Milliarden Dollar). Sie haben bedingte Genehmigungen erhalten, um ihre Ansprüche bei einer möglichen Citgo-Auktion zu kennzeichnen. Darüber hinaus erwirkte ConocoPhillips im August 2022 ein Versäumnisurteil zur Durchsetzung einer separaten Entschädigung in Höhe von 8,5 Milliarden Dollar für drei Ölprojekte, die 2007 vom damaligen Präsidenten Hugo Chávez verstaatlicht wurden.
Am Mittwoch warf Venezuelas Vizepräsidentin Delcy Rodríguez Washington vor, den "Diebstahl des Jahrhunderts" zu begehen, indem es den Versteigerungsprozess der PDVSA-Tochtergesellschaft genehmigt hat, "um westliche Wirtschaftsinteressen, die von Konzernen vertreten werden, zu befördern".
"Das ist organisiertes Verbrechen auf höchstem Niveau, gesteuert von der Regierung der USA", sagte sie bei einer Pressekonferenz.
Die Ofac-Generallizenz verstoße nicht nur gegen venezolanische Gesetze, sondern gegen internationales Recht, so Rodríguez. Kein Land könne mehr sicher sein, dass seine Vermögenswerte auf US-Territorium sicher sind, "wenn über Nacht ein Komplott zur Beschlagnahme und zum Verkauf dieser Vermögenswerte geschmiedet werden kann", warnte sie.
Die Vizepräsidentin erklärte weiter, dass die Regierung von Präsident Nicolás Maduro "keinerlei Vereinbarung" mit ausländischen Gläubigern anerkenne, außer sie würden direkt mit dem venezolanischen Staat abgeschlossen. Sie erinnerte daran, dass die 2015 von der Opposition kontrollierte Nationalversammlung, die vom Ofac als Verhandlungspartner in Venezuela anerkannt wurde, "nicht mehr existiert": Bei den Parlamentswahlen im Dezember 2020 erzielten die Chavisten eine Mehrheit.
Guaidó, den die Opposition Anfang des Jahres als "Interimspräsident" absetzte, und seinen Mitarbeiter wird vorgeworfen, Vermögenswerte wie Citgo gefährdet zu haben, indem sie nicht vor Gericht erschienen sind, Interessenkonflikte gehabt und Geschäfte mit Unternehmen unter der Hand gemacht hätten. Guaidó setzte sich kürzlich in die USA ab.
Das Außenministerium von Venezuela erklärte in einem Kommuniqué, dass "der Diebstahl von Citgo einen Schlag" für den Dialogprozess in Mexiko und für die internationale Konferenz in Bogotá darstelle, "auf der die teilnehmenden Länder fast einstimmig die Aufhebung der kriminellen Sanktionen der US-Regierung gegen Venezuela forderten".