Mexiko: Staatssekretär für Menschenrechte durch Pegasus-Software ausgespäht

pegasus-software-democracy-now.png

Pegasus Spyware wird zum Instrument unkontrollierbarer Ausforschung
Pegasus Spyware wird zum Instrument unkontrollierbarer Ausforschung

Mexiko-Stadt. Die berüchtigte Spionagesoftware Pegasus erregt in Mexiko erneut Aufmerksamkeit. Der Staatssekretär für Menschenrechte, Alejandro Encinas, soll mittels der Spyware auf seinem Mobilgerät ausspioniert worden sein. Dies berichtete die US-amerikanische Tageszeitung New York Times (NYT). Der Angriff habe im Zusammenhang mit der Untersuchung von Missständen in den Streitkräften durch Encinas gestanden, wie die Zeitung von vier Personen erfahren haben will, mit denen der Funktionär über die Ereignisse sprach.

Präsident Andrés Manuel López Obrador (Amlo) erklärte auf seiner morgendlichen Pressekonferenz am Dienstag, er wisse nicht, wer für diese Aktion verantwortlich sei, wies aber zurück, dass es sich um eine Aktion des Sekretariats für nationale Verteidigung (Sedena) handle.

Mexiko hat bereits andere Ausspäh-Skandale erlebt. Dies ist jedoch der erste Fall, in dem ein hochrangiges Regierungsmitglied und eine dem Präsidenten so nahe stehende Person von Pegasus überwacht wurde. Encinas zählt seit mehr als zwei Jahrzehnten zu Amlos engen politischen Partner:innen und Verbündeten.

Die NYT stellt in ihrem Bericht in den Raum, dass zuletzt zwischen dem Staatssekretär und Amlo die Ansichten zum Thema Streitkräfte auseinandergegangen seien. Unter seiner Regierung wurden die Zuständigkeiten und Aufgaben des Militärs erheblich ausgeweitet.

Amlo äußerte weiter, man solle der aktuellen Affäre “keine Bedeutung beimessen" und versicherte, dass seine Regierung niemanden ausspioniere. Der Präsident deutete eine politisch motivierte Skandalisierung an und verwies auf Fälle zu Zeiten des früheren Sicherheitspolitikers García Luna, als "weder die New York Times noch die Washington Post oder das Wall Street Journal etwas sagten, und die Medien in Mexiko noch weniger". Encinas selbst äußerte sich öffentlich bislang noch nicht zu den Vorfällen.

Das Mobiltelefon von Encinas soll bereits mehrfach mit Pegasus infiziert worden sein, unter anderem im vergangenen Jahr während der von ihm geleiteten Untersuchungen der Wahrheitskommission zum Fall der 43 verschwundenen Studenten von Ayotzinapa. Eine forensische Analyse des Citizen Lab mit Sitz an der Universität von Toronto bestätigte dies nach der Untersuchung von Encinas Handy. Citizen Lab stellte außerdem fest, dass neben Encinas auch zwei seiner Mitarbeiter:innen, die an Untersuchungen von Menschenrechtsverletzungen durch die mexikanischen Streitkräfte beteiligt waren, von dem Programm ausgespäht wurden.

Der Hersteller von Pegasus, das israelische Unternehmen NSO Group, gab bekannt, dass es Ermittlungen zu den Hackerangriffen gegen Encinas und seine Mitarbeitenden veranlasst hat. Sollten die Ergebnisse zeigen, dass das mexikanische Militär die Spähsoftware für unrechtmäßige Angriffe eingesetzt hat, könnte die NSO Group die bestehenden Verträge für die Lizenz kündigen.

Pegasus ist in Mexiko seit zehn Jahren lizensiert. Entsprechend der Verträge darf die Software nur von staatlichen Behörden und nur zur Bekämpfung von schweren Verbrechen und Terrorismus eingesetzt werden.

Die NYT beruft sich auf Personen, die mit dem Kaufvertrag der Pegasus-Software vertraut sind und mitgeteilt hätten, dass das Sedena die einzige Behörde im Land ist, die Zugang zu der Software hat.

Auch seitens des Büros des Hohen Kommissars für Menschenrechte der Vereinten Nationen in Mexiko wurde am Mittwoch eine Untersuchung der Spionageangriffe auf Encinas gefordert.

Bereits vor einigen Jahren löste Pegasus einen internationalen Skandal aus, als bekannt wurde, dass diverse prominente Journalist:innen, Regierungskritiker:innen und Menschenrechtsaktivist:innen in Mexiko mit der Software ausgespäht wurden (amerika21 berichtete). In den letzten Monaten wurden weitere Fälle bekannt, die sich unter der Regierung von Amlo ereigneten. Zwei Mitarbeitende des Zentrums für Menschenrechte “Miguel Agustín Pro Juárez” wurden Opfer von Hackerangriffen, während diese an Untersuchungen zum Fall Ayotzinapa arbeiteten.

Die Software Pegasus gilt als eine der mächtigsten Spionagewerkzeuge weltweit. Das Programm kann unbemerkt auf dem Mobiltelefon der Zielperson installiert werden und erlangt anschließend die komplette Kontrolle über das Gerät und sämtliche Inhalte. Alle Daten können vom Handy kopiert werden, inklusive Textnachrichten, Fotos, E-Mails oder Kalendereinträge. Zudem können die Kamera und das Mikrofon heimlich aktiviert werden. All dies kann sich auch abspielen, wenn das Handy ausgeschaltet zu sein scheint. Für die Betroffenen gibt es keine Möglichkeit, sich wirksam gegen derartige Angriffe zu schützen.