Kolumbien / Politik

Präsident von Kolumbien: "Sanfter Putsch" gegen linke Regierung im Gang

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Dieser Tweet des Präsidenten löste große Empörung bei der Justiz und seinen Gegner:innen aus
Dieser Tweet des Präsidenten löste große Empörung bei der Justiz und seinen Gegner:innen aus

Bogotá. Der kolumbianische Staatschef Gustavo Petro hat einen "sanften Staatsstreich” gegen ihn und seine politische Bewegung Pacto Histórico angeprangert.

Hintergrund ist die jüngste Entscheidung der Justiz, die Wahl von Roy Barreras für ungültig zu erklären. Er habe die Vorschrift, seine alte Parteimitgliedschaft zwölf Monate vor dem Datum der Registrierung für die Parlamentswahlen niederzulegen, nicht eingehalten, hieß es zur Begründung.

Barreras gilt als Vertrauter des Präsidenten. Im Jahr 2020 gab er seinen Austritt aus der Partido de la U bekannt und trat 2021 dem Pacto Histórico bei, 2022 kandidierte er dann für das Linksbündnis. Bis zu seiner Suspendierung Mitte Mai war er Senatspräsident und ist ein Befürworter von Petros Reformvorhaben, die von der Opposition großen politischen Gegenwind erfahren.

Bereits im März war die Wahl von César Pachón zum Senator für den Pacto Histórico für ungültig erklärt worden, ihm wurde ebenfalls die gleichzeitige Mitgliedschaft in zwei Parteien vorgeworfen. Dies könnte künftig noch weitere Kongressabgeordnete aus dem Linksbündnis treffen, etwa den Präsidenten der Abgeordnetenkammer, David Racero sowie die Senatsmitglieder María José Pizarro und Wilson Arias. Entsprechende Ermittlungen der Staatsanwaltschaft laufen bereits.

Ein weiterer Senator der Linken, gegen den bereits Sanktionen verhängt wurden, ist Álex Flórez. Die Staatsanwaltschaft ordnete vergangene Woche eine achtmonatige Suspendierung an, weil er drei Polizisten "verleumdet" haben soll, indem er sie als "Mörder" bezeichnete. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig und wird vom Obersten Gericht der Verwaltungsgerichtsbarkeit geprüft.

Am Montag kritisierte der Präsident in den Sozialen Netzwerken, "dass man den Abgeordneten des Pacto Histórico die Stimmen wegnimmt, indem man sie mit Verwaltungsanordnungen suspendiert". Die jüngsten Entscheidungen der Justiz änderten de facto "die politische Vertretung im Kongress, die das Volk gewählt hat". Sie hätten dem Linksbündnis "den Vorsitz im Kongress und nun auch seine Stimmen genommen. Das ist der sanfte Putsch", heißt es in seinem Tweet.

Erst kürzlich warnte Petro vor einem Militärputsch, nachdem tausende Reservisten gegen ihn protestierten und ein Ex-Oberst sich über die Absicht von Kreisen der aktiven Reserve des Militärs geäußert hatte, den Präsidenten zu stürzen (amerika21 berichtete).

Seit seinem Amtsantritt im vergangenen August erfährt der Präsident großen politischen Widerstand. Ende April kündigte er die Koalition mit den Parteien des Establishment im Kongress auf und tauschte sieben Minister:innen aus. Drei von ihnen gehörten den traditionellen Parteien an oder standen ihnen nahe.

Nach dem Wahlsieg Petros hatten sich die Parteien Partido Liberal, Partido Conservador und Partido de la U bereit erklärt, die neue Regierung im Kongress zu unterstützen. Mehrere ihrer Mitglieder wurden in Behörden und die Regierung berufen. Die Parteiführungen hatten indes ihren Fraktionen verboten, für die Gesundheitsreform Petros zu stimmen, obwohl sie sich als "Regierungsparteien" deklariert hatten.

Der Bruch mit seiner bisherigen Koalition löste Kritik bei seinen politischen Opponent:innen aus, da sein neuer Regierungskreis nicht mehr aus den etablierten Parteien besteht. Mit der Umbildung möchte Petro die geplanten Reformvorhaben durchsetzen, die bisher blockiert wurden.

Derzeit sind seine Umfragewerte laut dem Dateninstitut Datexco so schlecht wie noch nie: 60 Prozent der Bevölkerung unterstützen das Vorgehen des Präsidenten nicht. 32 Prozent befürworten die Entscheidungen ihrer Regierung weiterhin.