Bauern in Mexiko nach Protesten für gerechte Kaffeepreise in Haft

mexiko_proteste_inhaftierung_kaffebauern.jpg

Angehörige protestieren gegen die Repression und fordern die Freilassung der Kaffeebauern
Angehörige protestieren gegen die Repression und fordern die Freilassung der Kaffeebauern

Veracruz. Vier Kaffeebauern und eine ehemalige Gemeindepräsidentin befinden sich seit dem 26. Mai in Veracruz in Untersuchungshaft. Den Anführern der Proteste für bessere Kaffeepreise wird vorgeworfen, den Brand einer Verarbeitungsfabrik von Agroindustrias Unidas de México S.A. (Amsa) angestiftet zu haben.

Der Vorfall ereignete sich während mehrtätiger Proteste in Ixhuatlán del Café in der Region Coatepec am 24. Januar 2022, nachdem der den Markt dominierende Kaffeeaufkäufer Amsa die Preise stark senkte, von rund 16–17 Pesos auf 11–12 Pesos pro Kilo Kaffeekirsche, dies inmitten einer anhaltenden Börsenhausse. Amsa ist Teil von Ecom Traiding, dem weltweit zweitgrößten Kaffeehändler mit Hauptsitz in Pully am Genfersee in der Schweiz.

Sechzehn Monate nach dem Geschehen begann die strafrechtliche Verfolgung der Proteste. Haftrichter Oscar Luis Lozada Hernández ordnete ein Jahr Untersuchungshaft an, ohne Entlastungszeug:innen anzuhören.

Die Angehörigen von Cirio Ruiz González, Präsident des Regionalen Kaffeerats, von Viridiana Bretón, Journalistin und ehemalige Gemeindepräsidentin von Ixhuatlán del Café, sowie von Crisanto Valiente, Minervo Cantor und Abraham Cabal und die Dachorganisation der Kooperativen der Kaffeebauern (Coordinadora Nacional de Organizaciones Cafetaleras, Cnoc) protestieren gegen diverse Unregelmäßigkeiten im Verfahren, darunter die Misshandlung von Familienangehörigen und Aktivist:innen während der Verhaftung.

Die dünnen Beweise der Anklage sind Porträts der fünf Angeklagten aus einem Facebook-Video, aufgenommen auf einer friedlichen Protestkundgebung, sowie eine Zeugenaussage. Zwei der Bauern seien zum Zeitpunkt der Ereignisse nachweislich in anderen Ortschaften gewesen, doch der Haftrichter ignoriere diese Entlastungsbeweise, so die Verteidigung. In diesem Fall würden Bauern und Bäuerinnen kriminalisiert, weil sie gerechte Preise forderten, kritisiert Fernando Celis Callejas, langjähriger Berater der Cnoc, der mehrere Dutzend Kaffeekooperativen repräsentiert.

Die "Cafetaleros" zeigten sich auch verärgert über die mexikanische Regierung: Der Minister für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, Víctor Manuel Villalobos Arámbula, bat den Gouverneur von Veracruz, Cuitláhuac García, im Fall zu intervenieren. In dem Schreiben heißt es, dass die Produzenten "erklären, dass sie in der Lage sind, den Schaden zu beheben, nachdem sie eine Einigung mit dem klagenden Unternehmen erzielt haben, wofür wir den Dialog suchen werden".

Die Verhafteten haben jedoch eine Entschädigung des Schadens in Millionenhöhe abgelehnt, da dies einem Schuldeingeständnis gleichkäme. Sie vermuten, dass der Brand von Provokateur:innen gelegt wurde. Laut Celis sind momentan Verhandlungen mit Vertreter:innen der Ecom Traiding im Gange, da diese negative Schlagzeilen fürchteten.

Der Kaffeehändler Amsa-Ecom rühme sich auf seiner Homepage seiner nachhaltigen und fairen Produktions- und Handelspraktiken, "doch in Wirklichkeit besteht ein ungleiches Verhältnis zu denen, die die Quelle ihres Reichtums produzieren", kritisiert die lokale Tageszeitung La Jornada Veracruz.

Amsa verkauft den Großteil des Kaffees an den Nestlé-Konzern, der 2022 ebenfalls in Veracruz eine große Fabrik für löslichen Kaffee der Marke Nescafé einweihte. Dafür erntete Nestlé massive Kritik aus der Kooperativenbewegung, die befürchtet, dass das Unternehmen seine Marktdominanz weiter ausbauen werde und die vermehrte Produktion des Robusta-Kaffees die Biodiversität vernichten würde.

Eine baldige Freilassung der Angeklagten ist für deren Familen auch dringlich, weil sie um deren Sicherheit fürchten. Die fünf sitzen im Hochsicherheitsgefängnis La Toma in Amatlán de los Reyes ein, zusammen mit Gefangenen aus der organisierten Kriminalität.

Ein erster Schritt ist den Anwälten nach dreiwöchigen Protesten gelungen: Dem laut Verteidigung korrupten Untersuchungsrichter wurde der Fall entzogen.