Venezuela / Politik

Eingefrorene Gelder Venezuelas in Milliardenhöhe könnten in Kürze freigegeben werden

Regierung und Opposition vereinbarten, die Gelder für das Bildungs- und Gesundheitswesen sowie für Infrastrukturinvestitionen einzusetzen. USA verzögerten

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In der Bevölkerung Venezuelas stößt die US-Sanktionspolitik auf breite Ablehnung
In der Bevölkerung Venezuelas stößt die US-Sanktionspolitik auf breite Ablehnung

Mexiko-Stadt. Eingefrorene venezolanische Vermögenswerte in Milliardenhöhe, die für einen Sozialfonds bestimmt sind, der in das Bildungs- und Gesundheitswesen sowie in die Instandsetzung der Infrastruktur investiert werden soll, werden voraussichtlich bald freigegeben. Dies berichtete die spanische Zeitung El País.

Im November letzten Jahres hatten sich die Regierung von Nicolás Maduro und die Hardliner-Opposition im Rahmen von Verhandlungen in Mexiko und unter Vermittlung Norwegens auf einen Fonds in Höhe von drei Milliarden US-Dollar geeinigt, der aus beschlagnahmtem Auslandsvermögen gespeist werden soll. In einer Erklärung zu der Einigung hieß es, dass die Mittel, die von den Vereinten Nationen (UN) verwaltet werden sollen, in erster Linie für die Anschaffung von medizinischer Ausrüstung sowie von Impfstoffen, Medikamenten und anderen Hilfsgütern, die Stärkung des Elektrizitätssystems, die Instandsetzung der schulischen Infrastruktur und die Ausweitung von Nahrungsmittelprogrammen verwendet werden.

Die Gelder wurden jedoch aufgrund administrativer Hindernisse seitens der USA nicht freigegeben. US-Präsident Joe Biden hat eine strenge Sanktionspolitik gegen Venezuela aufrechterhalten, die einen "Regime change" in dem Land herbeiführen soll. Washington behauptet, dass seine Sanktionen auf die "Wiederherstellung der Demokratie" in dem karibischen Land abzielen. Caracas ist jedoch der Ansicht, dass die eingefrorenen Vermögenswerte von den USA und ihren Verbündeten unrechtmäßig beschlagnahmt worden sind.

Die besagten Gelder sind im Blick von Gläubigern und Unternehmen, die venezolanische Vermögenswerte im Ausland beanspruchen wollen, um Schulden Venezuelas und der staatlichen Ölgesellschaft PDVSA einzutreiben. Unternehmen versuchen bereits, die in den USA ansässige PDVSA-Tochterfirma Citgo im Rahmen eines gerichtlich angeordneten Versteigerungsverfahrens zu beschlagnahmen.

Im Mai teilte die Regierung Biden den Vereinten Nationen mit, dass das Geld innerhalb des US-Finanzsystems operieren könne, ohne dass die Gefahr bestehe, dass es von Gläubigern beschlagnahmt werde. Die USA versprachen, das es unter besonderen diplomatischen Schutz zu stellen. Diese Ankündigung führte jedoch nicht zur Freigabe der eingefrorenen Gelder.

Die Verzögerung der Freigabe führte auch zur Aussetzung der Verhandlungen zwischen der Regierung Maduro und der von den USA unterstützten Opposition. Angesichts der verfassungsmäßig vorgeschriebenen Präsidentschaftswahlen im Jahr 2024 scheint das Weiße Haus jedoch motiviert, Maßnahmen zu ergreifen, um das Vertrauen in den Verhandlungsprozess, der mehrere Runden in Mexiko ausgetragen wurde, wiederherzustellen.

Der wichtigste Lateinamerika-Berater von Präsident Biden, Juan González, hat die Aufhebung der Sanktionen verschiedentlich an Fortschritte bei den Bedingungen für "freie und faire" Wahlen geknüpft.

"Unser Ansatz war es, einen Verhandlungsprozess zu unterstützen und sehr deutlich zu machen, dass wir die Sanktionen auf der Grundlage konkreter Schritte aufheben werden, die es den Venezolanern ermöglichen, ihre Führer zu wählen", sagte González kürzlich der spanisch-sprachigen Ausgabe der Deutschen Welle.

Die Regierung Maduro hat ihrerseits wiederholt gefordert, dass Washington alle Wirtschaftssanktionen aufhebt, die von der früheren Administration unter Donald Trump im Rahmen ihrer Kampagne des "maximalen Drucks" verhängt wurden, "um freie und faire Bedingungen" im Vorfeld der Wahl 2024 zu ermöglichen.

Bisher haben die USA nur punktuelle Zugeständnisse gemacht, darunter vor allem eine begrenzte Lizenz für den US-Ölkonzern Chevron.

Berichten zufolge fand im Juni ein geheimes Treffen zwischen González und dem Präsidenten der venezolanischen Nationalversammlung, Jorge Rodríguez, statt. Er ist auch der Verhandlungsführer bei den Gesprächen zwischen der Regierung und der Opposition des Landes. Bloomberg berichtete im August, die Regierung Biden führe Gespräche mit Venezuela, um eine vorübergehende Lockerung der Sanktionen im Gegenzug für eine Reihe von nicht näher bezeichneten Zugeständnissen bei den bevorstehenden Wahlen zu erwirken.

Es wird erwartet, dass die Freigabe des drei-Milliarden-Dollar-Fonds die Gespräche zwischen der Regierung und der Opposition wieder in Gang bringen wird. Bei diesen Verhandlungen geht es vor allem um eine Einigung über die Bedingungen der bevorstehenden Wahl und die Verpflichtung beider Parteien, das Ergebnis zu respektieren. In den letzten Jahren hatte die Rechte sich dafür entschieden, Wahlen zu boykottieren oder nach Niederlagen unbegründete Behauptungen über "Betrug" aufzustellen.

Die Aussicht auf eine Entspannung zwischen Caracas und Washington führte zu einem Anstieg der Kurse venezolanischer Staatsanleihen, da die Anleger einen diplomatischen Durchbruch sahen, der zu einer Aufhebung des US-Handelsverbots für venezolanische Schuldtitel führen könnte.

Venezuelas Hardliner-Opposition befindet sich derzeit mitten in einem selbstorganisierten Vorwahlverfahren, um ihren Präsidentschaftskandidaten für die Wahlen 2024 zu bestimmen.

Indessen hat das Parlament einen neuen Nationalen Wahlrat ernannt, der die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen überwachen soll, nachdem das vorherige Gremium im Juni überraschend zurückgetreten war.