Chile / Politik

Chile: Deutliche Mehrheit gegen den von Rechten vorgelegten Verfassungsentwurf

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"Chile Dagegen": Deutliche Mehrheit spricht sich gegen den rechten Verfassungsentwurf aus
"Chile Dagegen": Deutliche Mehrheit spricht sich gegen den rechten Verfassungsentwurf aus

Santiago. Mit 55,74 Prozent "Dagegen" und 44,2 Prozent "Dafür" ist der von einer rechtskonservativen Mehrheit im Verfassungsrat beschlossene Vorschlag für eine neue Verfassung mit einer deutlichen Differenz von 1,4 Millionen Stimmen gescheitert.

Präsident Gabriel Boric würdigte in einer Fernsehansprache das Ergebnis als demokratischen Mehrheitsbeschluss und bedauerte gleichzeitig, dass es in zwei Versuchen in weniger als zwei Jahren nicht gelungen sei, die alte, unter Diktator Augusto Pinochet eingeführte Verfassung zu ersetzen. Statt mit einer neuen, demokratisch legitimierten Verfassung eine Antwort auf die dringenden sozialen und politischen Probleme zu geben, werde er nun verstärkt an Reformen arbeiten, um das Recht auf Bildung, soziale Sicherheit und Wohnraum zu stärken. Am Anfang seine Ansprache machte er auf die verabschiedeten Gesetze zur Verbesserung der öffentlichen Sicherheit aufmerksam und versprach, ein besonderes Gewicht auf diese Frage zu legen.

Die Regierungskoalition, die einen Teil der Allianz "Dagegen" bildete, begann schon bald nach dem Eintreffen der ersten Ergebnisse verhalten zu feiern. Die Vorsitzenden aller beteiligten Parteien waren im Büro der Sozialistischen Partei versammelt und versprachen in einer gemeinsamen Erklärung in der Regierung für öffentliche Sicherheit, Wirtschaftswachstum, Arbeitsplätze, Rente, Bildung und Gesundheit zu arbeiten. Sie stärkten Boric den Rücken und sprachen angesichts der Niederlage des rechten Lagers von frischem Wind für die Reformvorhaben.

Der kommunistische Bürgermeister der Kommune Recoleta in Santiago und ehemalige Präsidentschaftskandidat, Daniel Jadue, sagte, es gebe nichts zu feiern, immerhin bleibe die alte Verfassung in Kraft. Allerdings habe die Rechte eine empfindliche Niederlage erlitten, so Jadue.

Die rechten und ultrarechten Parteien waren separat in ihren eigenen Büros versammelt und gaben später in kleinem Kreis ihre Niederlage zu.

Die konservative Bürgermeisterin von Providencia, Evelyn Matthei, Tochter des Juntagenerals Fernando Matthei, war während des Wahlkampfs zunächst für eine Ablehnung, setzte sich dann aber medienwirksam für die Zustimmung ein. Sie konnte jedoch nicht verhindern, dass auch in ihrer eher konservativen Gemeinde die Ablehnung Mehrheit wurde.

In der Verfassungsversammlung hatte die ultrarechte Republikanische Partei von José Antonio Kast die Mehrheit. Nach der Niederlage machen vor allem Vertreter der traditionellen Rechten ihn persönlich für das Scheitern des Verfassungsentwurfes verantwortlich, weil er nicht zu Mäßigung und Kompromissen bereit gewesen sei. Senator Iván Moreira von der rechten Unabhängigen Demokratischen Union sprach in Anspielung an seinen Nachnamen gar von "Kastitution", die von der Bevölkerung abgelehnt worden sei.