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Präsident von Chile: "Verabschiedete Rentenreform ist historisch"

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Liveansprache von Präsident Boric aus dem Regierungspalast La Moneda
Liveansprache zur Rentenreform von Präsident Boric aus dem Regierungspalast La Moneda

Santiago. Das chilenische Parlament hat am 29. Januar mit Dreiviertelmehrheit eine weitreichende Rentenreform verabschiedet. Präsident Gabriel Boric wandte sich am gleichen Abend in einer Rede an die Nation und brachte seine Genugtuung über den Fortschritt bei der Verbesserung der Renten zum Ausdruck.

Erste Reaktionen auf das Gesetz sind widersprüchlich. Holdings aus den USA, die in Chile drei private Rentenfonds (Administradora de Fondos de Pensiones, AFP) besitzen, stoßen in einem Brief an Boric offene Drohungen aus. Die Internationale Vereinigung der privaten Versicherer und die chilenische AFP Uno begrüßen die Reform als notwendig. Die AFP Cuprum, Provida und Habitat sind Teil von US-Firmen und drohten in einem Brief an Präsident Boric offen. Die Reform bedeute Enteignung, Wettbewerbsverzerrung und Bruch internationaler Verträge. Die Regierung von Donald Trump werde das Freihandelsabkommen mit Chile überprüfen, drohten sie. Der chilenische Verband der AFP macht sich diese Sichtweise zu eigen.

Finanzminister Mario Marcel sieht indessen keinen Grund zur Beunruhigung. Die Parlamentsvorsitzende Karol Cariola sagte, es gebe keine Enteignung, sondern lediglich eine bessere Regulierung des Rentensystems.

In seiner Rede fasste der Präsident den Inhalt der Reform zusammen und kommentierte den schwierigen Weg zu ihrer Verabschiedung: "Der Nationalkongress hat gerade eine historische Reform des Rentensystems verabschiedet. Dadurch werden die Renten von 2,8 Millionen älterer Menschen, Großeltern, Müttern, Vätern und lebenslangen Erwerbstätigen erhöht, was den Weg zu einem würdevolleren Alter für aktuelle und zukünftige Rentnerinnen und Rentner ebnet."

Die Reform sei "ein ungeheurer Fortschritt" und beseitige eine historische Schuld in Fragen der sozialen Sicherheit, die das Land seit langem beschäftigte. Die jetzige Reform habe ihre Wurzeln im Kampf der Arbeiter:innen und ihrer Organisationen, die im vergangenen Jahrhundert kleine Fortschritte erkämpfen konnten. Dazu gehören der arbeitsfreie Sonntag und die obligatorische Sozialversicherung. Er sei besonders stolz auf die erreichte Reform, weil vorher vier Regierungen vergeblich versucht hätten, eine solche Reform auf den Weg zu bringen.

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Boric räumte ein, dass seine Regierung "mehr erreichen wollte", aber angesichts vieler Widerstände nicht alle Vorhaben durchsetzen konnte. Insbesondere kritisierte er der Widerstand der privaten Versicherer und forderte sie auf, in Zukunft mehr für das Wohl der Versicherten zu tun und weniger auf die eigenen Gewinne zu blicken.

Angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Kongress seien Kompromisse nötig gewesen. Er bedankte sich bei allen beteiligten Sektoren, die diese Reform möglich gemacht und damit Verantwortung gegenüber Chile übernommen hätten.

Boric beschrieb die drei tragenden Säulen der Reform. An erster Stelle nannte er, dass die gesetzliche, vom Staat garantierte Rente von aktuell umgerechnet 220 Euro schrittweise auf 245 Euro angehoben wird. Davon werden noch dieses Jahr über 800.000 Menschen profitieren.

Als zweiten Punkt nannte er, dass mit der Reform ein gemischtes Rentensystem eingeführt wird. Der Staat beteiligt sich mit einer gesetzlichen Mindestrente, Arbeiter und Angestellte zahlen wie bisher auf ihr persönliches Rentenkonto ein und erstmals werden auch die Arbeitgeber in den Rentenfonds einbezahlen. Bisher führten sie lediglich 1.5 Prozent des Bruttolohns für Arbeitsunfähigkeit ab.

Schließlich enthält die Reform Maßnahmen, um den Wettbewerb zwischen den AFP zu stärken und damit die Verwaltungskosten, die zu Lasten der eingezahlten Rentenbeiträge gehen, zu senken.