Brasília. Die brasilianische Generalstaatsanwaltschaft hat eine Liste mit den Namen von 34 in den Putschversuch vom 8. Januar 2023 Involvierten präsentiert, gegen die sie Anklage erheben will.
Neben Brasiliens Ex-Präsident Jair Bolsonaro geht es um sieben Mitglieder aus dem engen Verschwörerzirkel, darunter Ex-Geheimdienstchef Alexandre Rodrigues Ramagem, sowie um Generäle wie Augusto Heleno, Paulo Sérgio Nogueira und Walter Souza Braga Netto.
Mauro César Barbosa Cid galt als Bolsonaros "rechte Hand" während der Präsidentschaft. Er fungiert als Kronzeuge und stellte den Ermittlern einen Audio-Mitschnitt zur Verfügung, der Bolsonaro und weitere Mitverschwörer belastet.
Die Hauptvorwürfe lauten: Gewaltsamer Versuch den demokratischen Rechtsstaat zu stürzen, Staatsstreich und Bildung einer bewaffneten kriminellen Vereinigung, starke Beschädigung und Zerstörung von Staatseigentum.
Die Beschuldigten haben jetzt 15 Tage Zeit, um zur Klage Stellung zu nehmen. Richter Alexandre de Moraes muss dann den Fall zur Beurteilung durch das erste Gremium des Obersten Gerichtshofes freigeben. Dieses setzt sich aus fünf Richtern zusammen, die entscheiden, ob sie angeklagt werden oder nicht.
Akzeptiert der Gerichtshof die Vorwürfe, wird Bolsonaro vor Gericht gestellt. Er befindet sich auf freiem Fuß. Seinen Reisepass hat er inzwischen abgeben müssen.
Unter den Angeklagten sind hochrangige Militärs, vier ehemalige Minister der Bolsonaro-Regierung, Angehörige der Polizei, ein Journalist und ein Ingenieur, der eine elektronische Urne für die Manipulation von Wahlen entwickelt haben soll.
Alle Angehörigen des Komplotts seien sich des Plans bewusst gewesen, eine Amtsübernahme von Luiz Inácio Lula da Silva zu verhindern und die staatlichen Institutionen zu zerstören.
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Die Ermittlungen haben nach den gewaltsamen Ausschreitungen im Regierungsviertel von Brasília begonnen: Am 8. Januar 2023 hatten Tausende Bolsonaro-Anhänger den Präsidentenpalast, das Oberste Gericht und den Kongress gestürmt und teils verwüstet.
General Braga Netto, der 2022 im Wahlkampf als Kandidat für die Vizepräsidentschaft antrat, soll die treibende Kraft hinter dem Putsch gewesen sein. Er sitzt seit mehr als 60 Tagen in Untersuchungshaft. Seine Verteidiger bezeichnen die Vorwürfe als "fantasievoll" und beklagen Rechtsverletzungen bei den Ermittlungen.
Als Kopf des Komplotts und Führer des versuchten Putsches wird Bolsonaro angeklagt. Seit 2021 soll er einen möglichen Staatsstreich vorangetrieben und Militärangehörige unter Druck gesetzt haben. Auch soll er Richter de Moraes überwachen lassen haben. Er sollte ermordet werden.
Bolsonaro sei auch Mitwisser des Plans gewesen, seinen Konkurrenten bei der Präsidentschaftswahl und heutigen Präsidenten Lula da Silva durch Gift zu töten. Er habe diesen Plan unterstützt, um die Macht in Brasilien zu behalten.
Von der brasilianischen Presse zu den Anklagepunkten gefragt, sagte Bolsonaro, er werde verfolgt, sei jedoch "null besorgt". Er bemüht sich derzeit im Senat um ein Amnestiegesetz für alle in die Unruhen und den versuchten Putsch vom 8. Januar 2023 verwickelten Personen.
Im Vorfeld des Putschversuchs hatte sich Bolsonaro bereits im Juli 2022 mit internationalen Botschaftern getroffen, um angebliche Manipulationen der elektronischen Wahlurnen anzusprechen. Ziel sei es gewesen, die internationale Öffentlichkeit auf eine "Nichtbeachtung des Volkswillens" bei der Präsidentschaftswahl im Oktober 2022 vorzubereiten.
Die Staatsanwaltschaft legte die Anklageschrift öffentlich vor, sie wurde in Medien verbreitet. Bei einer Verurteilung drohen dem Ex-Präsidenten laut Medienberichten bis zu 43 Jahre Gefängnis.
Unterdessen rufen Bolsonaro und seine Anhängerschaft für den 16. März zu landesweiten Demonstrationen für eine Amnestie auf.