Brasília. Die brasilianische Bundespolizei beschuldigt den ultrarechten Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro und 36 Komplizen, in einen Putschversuch verwickelt zu sein.
Nach zwei Jahren Ermittlungen hat sie ein 800-seitiges Schreiben an die Generalstaatsanwaltschaft übergeben. Diese muss nun die vorgelegten Beweise auswerten und entscheiden, ob sie Anklage erheben wird. Die endgültige Entscheidung über das Strafmaß obliegt dem Obersten Gericht (STF).
Bolsonaro habe eine zentrale Rolle bei dem Komplott gespielt, so der Vorwurf. Er soll versucht haben, nach seiner Wahlniederlage im Oktober 2022 das Militär im Land zu einem Putsch anzustiften.
Unter den weiteren Verdächtigen sind Schlüsselfiguren seiner früheren Regierung, darunter Augusto Heleno, ehemaliger General und Leiter des Kabinetts für institutionelle Sicherheit, Verteidigungsminister Braga Netto und Alexandre Ramagem, Ex-Präsident des Geheimdienstes Abin.
Umfassende polizeiliche Ermittlungen hätten eine koordinierte Verschwörung entlarvt, um die demokratische Ordnung im Land zu unterlaufen und im Januar 2023 die Amtseinführung des gewählten Präsidenten Luis Inácio Lula da Silva von der Arbeiterpartei (PT) zu unterbinden.
Als Vorwürfe an Bolsonaro und seine Verbündeten stehen im Raum: Bildung einer kriminellen Vereinigung, Außerkraftsetzung des demokratischen Rechtsstaates und versuchter Staatsstreich.
Am 8. Januar 2023 hatten Anhänger Bolsonaros den Wahlsieg Lulas nicht anerkennen wollen. Sie stürmten in der Hauptstadt Brasília das Kongressgebäude, den Regierungssitz und das Oberste Gericht und richteten erhebliche Schäden an.
Der Parlamentsabgeordnete Lindbergh Farias (PT) sagte dem Fernsehsender TV 247: "Eine Inhaftierung von Jair Bolsonaro erscheint unvermeidbar angesichts der handfesten Beweise, die die Ermittlungen ergeben haben."
In dem Interview zog er eine Parallele zwischen dem Bolsonarismus und der langen Tradition gewalttätiger Praktiken der brasilianischen Ultrarechten, die bis in die Zeit der Militärdiktatur zurückreicht. Lindbergh unterstrich, wie wichtig es sei, dafür zu sorgen, dass alle an Putschversuchen und Angriffen auf die Demokratie Beteiligten zur Rechenschaft gezogen werden. Die Bestrafung von Bolsonaro und seinen Verbündeten könnte ein neues Kapitel in der politischen Geschichte des Landes einläuten: Ein Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof und die möglichen Verurteilungen von Militärangehörigen zum ersten Mal seit der Diktatur wären ein Signal und eine historische Chance für das Land, sich seiner Vergangenheit zu stellen und die Demokratie zu stärken, so Lindbergh.