Buenos Aires. Die Regierung des ultrarechten Präsidenten Javier Milei hat die Finanzierung des Erinnerungsorts Esma aus dem Bundeshaushalt vorläufig eingestellt. Die Maßnahme wurde zwei Tage nach dem 49. Jahrestag des Militärputsches am 24. März verkündet.
Zehntausende marschierten an diesem Tag im ganzen Land, um an die Diktaturverbrechen zu erinnern, gerechte Strafen für die Täter zu fordern und gegen die aktuelle Politik der Regierung zu protestieren.
Der zuständige Justizminister Mariano Cúneo Libarona begründete die Aussetzung der Zahlungen mit der Einleitung einer Wirtschaftsprüfung über das Gebaren der für die Esma verantwortlichen Trägerinstitution in den vergangenen zwei Jahren. Für die Dauer des Verfahrens, zumindest aber für die kommenden zwei Monate, wird der Nationalstaat keine weiteren Finanzmittel mehr zur Aufrechterhaltung des Betriebes beisteuern.
Mit dem Ausfall der Mittel aus dem Bundeshaushalt, eine offene Verletzung des Gründungsgesetzes für den Erinnerungsort aus dem Jahr 2007, können nun die Gehälter für rund 180 Mitarbeiter:innen nicht mehr bezahlt werden. Der weitere Betrieb des Erinnerungsortes ist in Gefahr. Die Gewerkschaft der Staatsangestellten ATE berief deshalb eine Betriebsversammlung ein und kündigte eine eingeschränkte Arbeitsniederlegung an.
In der Mechanikerschule der Marine (Esma) war zwischen 1976 und 1983 das größte Folterzentrum des Landes mit rund 5.000 Opfern untergebracht. Der Großteil gilt nach wie vor als vermisst. Im Jahr 2004 zog die Regierung des damaligen Präsidenten Néstor Kirchner die Militärs ab und erklärte die Esma zum Erinnerungsort. 2023 wurde ein Teil des rund 17 Hektar großen Geländes in die Liste des Weltkulturerbes der Unesco aufgenommen. Verwaltet wird der Ort seit dem Jahr 2007 von einer Trägerinstitution, die sich aus Menschenrechtsorganisationen, der Stadt Buenos Aires und dem Nationalstaat zusammensetzt. Die beiden letzteren stellen die nötigen Finanzmittel zur Verfügung.
Ohne Moos nix los
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Der Generalsekretär der Gewerkschaft ATE, Rodolfo Aguilar, kommentierte die jetzige Maßnahme der Bundesregierung: "Die Entscheidung zur Einfrierung der Gelder ist absolut willkürlich und illegal. Sie stellt einen weiteren Angriff der Regierung auf die Politik der Menschenrechte dar." Sollte die Regierung auf ihrem Standpunkt beharren, will die Gewerkschaft den Fall vor Gericht bringen.
Unter dem Vorwand von Haushaltseinsparungen hat die Regierung Milei seit ihrem Antritt immer wieder die Arbeit erinnerungspolitisch relevanter staatlicher Institutionen massiv eingeschränkt oder sie ganz geschlossen. Von Massenentlassungen und radikalen Budgeteinschnitten betroffen waren etwa das Nationale Gedenkarchiv, die Nationale Direktion der Gedenkorte oder die Nationale Kommission für das Recht auf Identität (Conadi), die das Verbrechen des Kindsraubs während der Diktatur untersucht und Betroffene auf der Suche nach ihrer Identität unterstützt (amerika21 berichtete)
Das Kulturzentrum Haroldo Conti, das sich auf dem Gelände der Esma befindet, wurde Anfang des Jahres ganz geschlossen. Mit der offiziellen Begründung einer "Umstrukturierung" wurden dessen Mitarbeiter:innen entlassen. Alle genannten Institutionen unterstehen dem Staatssekretariat für Menschenrechte unter Leitung von Alberto Baños.
Justizminister Cúnea Libarona sagte am Tag nach den massiven Gedenkkundgebungen des 24. März auf X zu den Massenentlassungen in den Gedenkinstitutionen: "Seit wir angetreten sind, haben wir 405 militante Mitarbeiter des Sekretariats für Menschenrechte entlassen, das entspricht 44 Prozent des gesamten Personals.“
Die Gewerkschaft ATE hat Anfang des Jahres in einem Rundschreiben, das amerika21 vorliegt, zur internationalen Solidarität aufgerufen. Ihr Urteil über den verantwortlichen Staatssekretär für Menschenrechte Alberto Baños war eindeutig: "Er hat alles ihm Mögliche getan, um die Politik des Staatssekretariats zu demontieren. Der Entzug von Aufgabenbereichen, die ständige Schikane und die verbreiteten Entlassungen von Mitarbeitern, Verfolgung, Zensur und Provokationen unterstreichen das Ausmaß an Untätigkeit, Inkompetenz und Fahrlässigkeit, dass Herr Baños und seine Beamten zu etablieren versuchten. Das Ziel dieser Regierung war, ist und bleibt die Demontage der gesamten staatlichen Politik in diesem Bereich.“

