Havanna. Experten aus Kuba und Deutschland haben zum Auftakt der Internationalen Buchmesse in einer Podiumsdiskussion in der kubanischen Hauptstadt Havanna die Arbeit der deutschen Parteistiftungen thematisiert.
Kritisiert wurde dabei die immer offenere Einflussnahme auf die politischen Prozesse in Lateinamerika durch die Stiftungen der Regierungsparteien CDU, CSU und FDP. Das von der Solidaritätsorganisation Cuba Si organisierte Podium traf bei kubanischen und lateinamerikanischen Medien auf großes Echo.
"Vor allem die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) und die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung (FNS) fahren in den letzten Jahren einen immer aggressiveren Kurs gegen die anti-neoliberalen Staaten in Lateinamerika", leitete der amerika21.de-Redakteur und Deutschland-Korrespondent der kubanischen Nachrichtenagentur Prensa Latina, Harald Neuber, die Veranstaltung ein. Beispiele dafür seien die offene Unterstützung des Putsches in Honduras durch die FNS und Konferenzen mit antikubanischen Kräften und US-Regierungsfunktionären.
Der deutsche Buchautor Ingo Niebel führte ein weiteres Beispiel an. Er präsentierte vor mehreren Dutzend Gästen im Portuondo-Saal der Festungsanlange "La Cabaña" eine Liste venezolanischer Oppositionspolitiker, die von der KAS unlängst nach Europa eingeladen wurden. "Die KAS bezeichnet darbei die Partei Primero Justicia als demokratische Kraft, obwohl diese Gruppierung den Putschversuch gegen die Regierung von Präsident Hugo Chávez im April 2002 unterstützt hat", so Niebel.
Der deutsche Bundestagsabgeordnete der Linkspartei, Wolfgang Gehrcke, forderte eine aktivere Politik der demokratischen Kräfte gegen die Einflussnahme auf Staaten Lateinamerikas mit Linksregierungen. "Wir müssen Transparenz über die Stiftungsarbeit in Lateinamerika schaffen", sagte Gehrcke und forderte seine Partei und die Rosa-Luxemburg-Stiftung zu einer besseren Öffentlichkeitsarbeit auf. Die Linkspartei werde in den kommenden Wochen die Freilassung der fünf in den USA inhaftierten Kubaner im Bundestag thematisieren, um den doppelten Standard der Menschenrechtspolitik zu belegen.
Seine drei Mitdiskutanten, unter ihnen auch der kubanische Europa-Experte Francisco Brown Infante, waren sich darin einig, dass Nicaragua und Venezuela die nächsten Ziele der interventionistischen Stiftungsarbeit sein würden, weil dort 2011 und 2012 Präsidentschaftswahlen stattfinden.
Entsprechende Hinweise darauf gebe es schon jetzt in Brüssel, ergänzte Neuber. So hat Finnland nach Angaben aus diplomatischen Kreisen in Brüssel bereits 800.000 Euro "für die Unterstützung der Zivilgesellschaft" in Nicaragua zugesagt, während EU-Gremien von Wahlbetrug sprechen und Protestnoten vorbereiten.
Der kubanische Europa-Experte Brown Infante wies vor diesem Hintergrund auf die Bedeutung der Arbeit der Unions- und FDP-Stiftungen hin. Nach Ansicht des kubanischen Podiumsteilnehmers "ist es offensichtlich, dass hier eine Arbeitsteilung mit US-amerikanischen Kräften stattfindet". Die Versuche der venezolanischen und nicaraguanischen Regierungen, diese Einflussnahme mit neuen Gesetzen zu verhindern, sei eine Reaktion darauf.