Chile wehrt sich gegen Atomkraft

Abgeordnete appellieren an Regierung Atompläne aufzugeben. Proteste formieren sich. Energieminister: "Noch ist nichts entschieden"

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Warnschild nahe der chilenischen Forschungsreaktoren El Aguirre und La Reina
Warnschild nahe der chilenischen Forschungsreaktoren El Aguirre und La Reina

Santiago de Chile. In Chile, wo seit längerem die Nutzung von Atomenergie auf der politischen Agenda steht, kam nach den Explosionen in den Reaktoren im japanischen Fukushima erneut öffentlich Kritik an den Atomplänen der rechtsgerichteten Regierung auf. Die Regierung hatte zuletzt mehrfach die klare Absicht verlauten lassen, ein Atomkraftwerk in Chile bauen zu wollen. Kritische Stimmen, nach denen Atomenergie in einem erdbebengefährdeten Land wie Chile mit einem überdurchschnittlichen Risiko behaftet wäre, wurde bisher mit dem Argument der Sicherheit moderner Atomtechnologie abgetan.

Bisher stützt sich die Energieversorgung in Chile vor allem auf Wasserkraft, gefolgt von Kohle und Erdgas. Angesichts von Ressourcenknappheit und CO²-Emmissionen wird Atomenergie auch in Chile gern als saubere und sichere Zukunftstechnologie propagiert, welche "Energiesicherheit" garantiert. Noch unter der linksgerichteten Regierung von Michelle Bachelet wurde eine Kommission zur Prüfung der Atomfrage eingerichtet.

Nach den katastrophalen Ereignissen in Japan haben sich nun Abgeordnete und Senatoren öffentlich zu Wort gemeldet und die Regierung aufgefordert, von den Atomplänen Abstand zu nehmen.

Senatoren der sozialdemokratischen Partido Socialista (PS) sowie des linken Parteienbündnisses MAS haben die Regierung aufgefordert, die Nutzung von Atomenergie in Chile als am meisten von Erdbeben gefährdeten Land der Region definitiv auszuschließen. Beide Gruppierungen betonten ihre Zweifel daran, dass Chile eine solche Katastrophe im Falle eines schweren Erdbebens besser in den Griff bekäme als Japan. PS-Senator Fulvio Rossi betonte zudem das Entsorgungsproblem bei Atommüll.

Selbst eine Abgeordnete der rechten Regierungspartei Renovación Nacional von Präsident Piñera, Karla Rubilar, verkündete via Twitter, "dass Atomenergie nicht kompatibel für Chile" sei. Ein Abgeordneter der rechten UDI, Juan Lobos, verteidigt die Errichtung von Atomkraftwerken hingegen mit dem Argument, die Atomkraftwerke in Japan seien 30 Jahre alt und nicht mit den geplanten Reaktoren vergleichbar.

Energieminister Laurence Golborne ließ indes verlautbaren, dass die Atomenergie "einer der vielen Optionen ist, die wir analysieren müssen." Es sei aber noch nichts beschlossen. Er räumte allerdings ein, dass die Ereignisse in Japan Konsequenzen auf die Diskussion haben werden.

Die Internetzeitung El Mostrador erinnert indes an den traurigen Erdbeben- und Tsunami-Rekord in Chile 1960 in Valdivia. Das Erdbeben erreichte damals einen Wert von 9,4 Grad auf der Richterskala. Das Blatt berichtet auch über kleinere Kundgebungen gegen Atomenergie in Chile. Zudem wird von verschiedenen sozialen Akteuren die Verlegung des Nuklearforschungszentrums gefordert, das einen Reaktor betreibt. Das Zentrum befindet sich nahe der Hauptstadt Santiago auf einem Gebiet, das durch ein spezielles tektonisches Phänomen als stark erdbebengefährdet gilt.

Über den Blogdienst Twitter wurden für diese Woche zu Demonstration gegen die Atomkraft in Chile aufgerufen.