Venezuela / Wirtschaft

Venezuela: Mehr Schulden für mehr Wachstum

Regierung legt Haushaltsplanungen für 2012 vor. Hohe Neuverschuldung durch Investitionen in Wohnungsbau und Landwirtschaft

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Planungs- und Finanzminister Jorge Giordani
Planungs- und Finanzminister Jorge Giordani

Caracas. Auch 2012 wird Venezuela seinen Haushalt aufgrund der anhaltenden Weltwirtschaftskrise zu 20 Prozent aus Schulden finanzieren.

Dies teilte Finanzminister Jorge Giordani bei der Vorstellung der Haushaltsplanung für das kommende Jahr im venezolanischen Parlament mit. Bei einem geplanten Haushaltsvolumen von umgerechnet etwa 50 Mrd. Euro, soll die Bruttoneuverschuldung des Landes bei 13,4 Mrd. Euro liegen. Im laufenden Haushaltsjahr stieg die Neuverschuldung nach den in den Haushaltsplanungen ursprünglich vorgesehenen 8,6 Mrd. Euro durch einen Nachtragshaushalt auf rund 16 Mrd. Euro.

Gleichzeitig rechnet Giordani hinsichtlich der erhöhten staattlichen Investitionen in den Konjunkturprogrammen des Wohnungsbaus und der Landwirtschaft für das kommende Jahr mit einem Wirtschaftswachstum von bis zu fünf Prozent. Für dieses Jahr weist die venezolanische Zentralbank ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von knapp zwei Prozent aus.

Seit dem Jahr 2009 begegnet die venezolanische Regierung der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise durch massive Steigerungen der Staatsausgaben. In den zehn Jahren zuvor hatte das Land stets ausgeglichene Haushalte vorzuweisen und dabei in den frühen Nullerjahren Auslandsschulden aus den Krisen der 1980er Jahre begleichen können. Im weltweiten Vergleich liegt die Gesamtstaatsverschuldung Venezuelas deshalb weiterhin auf einem relativ niedrigem Niveau. Das relevante Verhältnis von Schuldenstand zu Wirtschaftsleistung beträgt für Venezuela nach von Der Spiegel zitierten Zahlen des IWF von 2011 rund 41 Prozent. Nachbarland Brasilien hat eine Staatsschuldenquote von knapp 66 Prozent, Deutschland gar von 80, und Griechenland von 153 Prozent.

Die venezolanische Opposition kritisierte die Haushaltsplanungen als vorsätzlich ungenau. Mit einem kalkulierten Ölpreis von durchschnittlich 50 US-Dollar setze die Regierung die offiziellen Einnahmen zu gering an, um den Haushaltsanteil der Regional- und Lokalregierungen nach unten zu drücken. 2011 betrug der offizielle, vom Parlament verabschiedete Staatshaushalt zunächst 33 Mrd. Euro. Der gesetzlich festgelegte Anteil der Lokalregierungen lag dabei bei 8,3 Mrd. Euro. Durch nachträgliche Verschuldung und Extraeinnahmen des staatlichen Ölkonzerns PdVSA soll der Staatshaushalt für 2011 nach Angaben der Tageszeitung El Universal jedoch insgesamt mehr als 50 Mrd. Euro ausmachen. Nach Meinung der konservativen Tageszeitung verbucht die venezolanische Regierung Extraeinnahmen aus höheren Öleinnahmen auf nationaler Ebene und unterläuft dabei den gesetzlichen Anteil der Länder und Gemeinden.

Minister Giordani hob bei der Vorstellung der Haushaltsplanung hervor, dass der Anteil der Öleinnahmen an den Gesamteinnahmen des Staates für 2012 dank steigender Einkünfte aus Steuern auf 44,6 Prozent zurückgehen werde. Anfang Oktober hatte die venezolanische Regierung nicht eingeplante zusätzliche Steuereinnahmen in Höhe von 500 Mio. Euro an die Länder und Gemeinden weitergegeben.