Politische Gefangene in Kolumbien im Hungerstreik

Klagen wegen Überbelegung und Folter. Inspektion durch eine humanitäre Kommission von Regierung Santos abgelehnt

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Plakat des internationalen Treffens zum Thema politische Gefangene in Kolumbien
"Kolumbien hinter Gittern". Plakat des internationalen Treffens zum Thema politische Gefangene in Kolumbien, das Ende Februar in Bogotá stattfand.

Bogotá. Seit letztem Dienstag führen über 600 politische Gefangene in acht kolumbianischen Gefängnissen einen Hungerstreik durch. Sie fordern von der Regierung, eine Inspektion

durch die "Internationale Kommission zur Beobachtung der Situation der Menschenrechte" zu genehmigen. Diese Kommission wurde Ende Februar im Rahmen eines internationalen Treffens von Juristen, Parlamentariern und Menschenrechtlern aus mehreren Ländern gebildet. Anlass der Gründung waren Beschwerden von Häftlingen und verschiedenen Menschenrechtsorganisationen wegen der extremen Überbelegung der Strafvollzugsanstalten und der zahlreichen Misshandlungen an politischen Gefangenen. Schon im Jahr 2010 hatte das UN-Menschenrechtskomitee in Genf bei seiner 99. Sitzung auf die Verschlechterung der unmenschlichen Bedingungen in den kolumbianischen Gefängnissen hingewiesen.

Bei einer Besprechung zwischen internationalen Vertretern der jungen Kommission und dem Verteidigungsminister Juan Carlos Esguerra bewilligte dieser die humanitäre Mission. Kurz danach zog die Regierung Santos jedoch ohne Begründung den Entschluss zurück.

 Besonders schwierig ist laut der Kommission die Situation der politischen Häftlinge, deren Zahl zwischen 7.500 und 9.500 geschätzt wird. Die meisten von ihnen seien Aktivisten, Menschenrechtler oder Mitglieder von sozialen Organisationen, die zuerst mittels vom Militär gefälschter Aussagen und Beweise als Guerillahelfer bezichtigt und dann festgenommen wurden. Nur 1.000 der politischen Gefangenen sind Angehörige der kolumbianischen Guerillagruppen.

Oft werden die politischen Häftlinge durch Isolation und brutale Prügel gefoltert. So ist Ricardo Alfonso Contreras letzten November im Gefängnis von La Dorada im westlichen Bundesstaat Caldas gestorben, nachdem er und andere politische Gefangene durch die Wachen brutal geschlagen wurden. Das kolumbianische Nationale Institut für Strafvollzug INPEC hat selber circa 9.000  Anklagen wegen Misshandlungen durch seine Funktionäre registriert. Menschenrechtsorganisationen wie das Komitee für politische Gefangene prangern an, dass der Zugang zur medizinischen Versorgung den aus politischen Gründen Inhaftierten systematisch entzogen würde. So seien in den letzten zwei Jahren sieben von ihnen aufgrund unterlassener medizinischer Behandlungen in ihren Zellen gestorben.

Hohe Ex-Politiker hingegen, die wegen ihrer Verbindungen mit dem Paramilitarismus oder wegen Korruption im Gefängnis sitzen, genießen Privilegien. Ihnen würden beispielsweise iPods, iPads, Play Stations, Laptops und sogar Zugang zum Fitnessstudio genehmigt, berichtet die ehemalige Senatorin Claudia López.

Als Voraussetzung für die Freilassung von zehn Militärangehörigen und Polizisten, die durch die FARC-Guerilla gefangen gehalten werden, haben die Rebellen gefordert, dass die Organisation "Frauen der Welt für den Frieden" die Situation der politischen Gefangenen überprüft. Die Regierung Santos hat den Vorschlag abgelehnt und teilte durch den Vizepräsident Angelino Garzón mit, dass es in Kolumbien keine politischen Gefangenen gäbe.