Mexiko / Politik

Zweifel an Wahlergebnis in Mexiko halten an

Wahlbehörde stimmt teilweiser Neuauszählung zu. Linker Kandidat klagt weitere Unregelmäßigkeiten an

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"Institut für Wahlbetrug": Ein Demonstrant entstellt als Protest die Abkürzung der mexikanischen Wahlbehörde (IFE)
"Institut für Wahlbetrug": Ein Demonstrant entstellt als Protest die Abkürzung der mexikanischen Wahlbehörde (IFE)

Mexiko-Stadt. Etwas mehr als die Hälfte der Stimmen der mexikanischen Präsidentschaftswahl soll neu ausgezählt werden. Dies kündigte die Wahlbehörde IFE am Mittwoch an. In all jenen Wahlbezirken werde neu gezählt, in denen der Unterschied zwischen Erst- und Zweitplatziertem weniger als einen Prozentpunkt betrug. Zudem werden die Bezirke überprüft, in denen es mehr ungültige Stimmen gab als solche, die den Erst- vom Zweitplatzierten trennen. Auch mehr als 60 Prozent der Stimmen der Senats- und Kongresswahlen sollen neu ausgezählt werden. Der PRD-Präsidentschaftskandidat Andrés Manuel López Obrador (AMLO) hatte eine komplette Neuauszählung gefordert. Nach dem bisherigen vorläufigen Endergebnis war AMLO dem Kandidaten der PRI, Enrique Peña Nieto, um knapp 6,5 Prozentpunkte unterlegen.

Bereits vor sechs Jahren hatte AMLO das Wahlergebnis nicht anerkannt. Seine Anhänger blockierten damals wochenlang das Zentrum von Mexiko-Stadt. Die Auseinandersetzung stürzte das Land in eine schwere institutionelle Krise. Jedoch betrug AMLOs Abstand auf den Wahlsieger Felipe Calderón nur 0,56 Prozentpunkte – ein paar Tausend Stimmen. Eine Neuauszählung hatte die IFE jedoch damals abgelehnt, eine Änderung der Wahlgesetze 2007 macht diese nun möglich.

AMLOs Angaben zufolge gab es bei den Wahlen am Wochenende bei mehr als 113.000 der 143.000 Wahlurnen Ungereimtheiten. Die Wahl sei "schmutzig, ungleich und voller Unregelmäßigkeiten" gewesen, sagte er und warf Peña Nieto massiven Stimmenkauf vor. Andererseits entspricht das Wahlergebnis relativ exakt den vorherigen Umfragen; auch beträgt der Unterschied diesmal mehr als drei Millionen Stimmen.

Doch in den Tagen seit dem Urnengang kommen immer mehr Unregelmäßigkeiten ans Licht. Die Hauptvorwürfe drehen sich um Einkaufsgutscheine für die Supermarktkette Soriana. Im Bundesstaat Estado de México, dessen Gouverneur Peña Nieto war, soll die PRI 1,8 Millionen elektronische Einkaufskarten verteilt haben, die mit 1.000 Pesos (rund 60 Euro) aufgeladen waren. In Mexiko sind Geschenke im Wahlkampf erlaubt, die Stimmabgabe davon abhängig zu machen ist jedoch illegal. Das aber wirft die PRD der PRI vor. Auch hätte diese mit dieser Aktion das erlaubte Wahlkampfbudget weit überschritten. In den Stunden und ersten Tagen nach der Wahl kam es in mehreren Soriana-Filialen zu Panikkäufen, wegen Befürchtungen im Rahmen der Nachwahluntersuchungen könnten die Karten gesperrt werden. Die Supermarktkette wies die Vorwürfe als "absolut falsch" zurück. Mit den Einkaufsgutscheinen seien lediglich Rabatte und das Sammeln von Punkten möglich. Auch die PRI wies alle Anschuldigungen von sich.

Trotz López Obradors Anfechtung der Wahl ist eine ähnliche politische Krise wie 2006 nicht zu erwarten. Die Blockadehaltung hatte AMLO und die PRD damals auch viele Sympathien gekostet. In seiner Partei mehren sich die Stimmen, das Verhalten von 2006 nicht zu wiederholen, sondern aus einer gestärkten Position heraus, Opposition zu betreiben. Die PRD hat sich als zweitstärkste Kraft im Kongress etabliert und mit einem Erdrutschsieg die Kontrolle in der Hauptstadt gefestigt. Peña Nietos Legitimation dagegen ist angekratzt und wichtige Reformvorhaben kann er ohne die Linke nicht durchdrücken. Die Aussichten könnten schlechter sein.