Anklage gegen Landlose wegen Curuguaty-Massakers

Staatsanwaltschaft spricht von überzeugenden Beweisen. Menschenrechtsorganisationen beklagen einseitige Ermittlungen

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Protestaktion gegen das Massaker von Curuguaty, bei dem elf Landlose getötet wurden
Protestaktion gegen das Massaker von Curuguaty, bei dem elf Landlose getötet wurden

Asunción. Die paraguayische Staatsanwaltschaft hat im Fall des Massakers von Curuguaty Anklage gegen 14 der 17 inhaftierten Kleinbauern

und Landlosen erhoben. Dies gab am Sonntag der ermittelnde Staatsanwalt, Jalil Rachid, auf einer Pressekonferenz bekannt. Die Anklagen lauten auf vorsätzliche Tötung, Bildung einer kriminellen Vereinigung und Landbesetzung. Zwei der 14 Angeklagten sind minderjährig. Die Gefängnisstrafen könnten bis zu 25 Jahren betragen.

Vor der Presse erklärte Rachid, dass die Staatsanwaltschaft auch ohne Untersuchung auf Schmauchspuren davon überzeugt sei, dass neun der wegen vorsätzlicher Tötung angeklagten Landlosen das Feuer eröffnet hätten. Die Staatsanwaltschaft sei in der Lage, die Täterschaft nachzuweisen. Die Anklagen würden sich auf  Zeugenaussagen und Sachverständigengutachten stützen. Beweise wurden auf der Pressekonferenz nicht vorgelegt.

Auf die Ergebnisse der parallelen Untersuchung durch Menschenrechtsorganisationen angesprochen erklärte Rachid, dass diese nur die staatsanwaltschaftlichen Untersuchungen bekräftigen würden. Die Auswertung des Videomaterials des Polizeihubschraubers, der das Gebiet während des Massakers überflog, sei nicht möglich, da die Kamera nicht funktioniert hätte. Weiterhin betonte Rachid, dass die Polizeikräfte gegenüber den Landlosen im Nachteil gewesen seien, da sie nach seinen Angaben unbewaffnet waren.

Die Menschenrechtsorganisation Codehupy wirft dagegen den staatlichen Behörden massive Menschenrechtsverletzungen vor. Mindestens sieben der elf getöteten Landlosen seien regelrecht hingerichtet worden. Ebenso berichten sie von mehreren Fällen, in denen verletzte Zivilpersonen in der Polizeistation von Curuguaty nach ihrer Verhaftung gefoltert wurden. Die Organisation belegt ihre Anschuldigungen mit Zeugenaussagen und gerichtsmedizinischen Untersuchungsergebnissen.

Auch Amnesty International fordert eine umfassende Aufklärung der Geschehnisse in Curuguaty. Im vergangenen Monat war eine Delegation von AI vor Ort, um die Ermittlungen zu begleiten. Laut ihrem Bericht standen circa 300 teils bewaffnete Polizeikräfte etwa 90 Kleinbauern und Landlosen gegenüber, darunter viele Frauen und Kinder. Sie bezeichnet es als auffällig, dass die Rolle der Polizei während des Massakers und ihre Verantwortung für die Toten nicht ausreichend untersucht wurde.

Das Massaker von Curuguaty am 15.Juni dieses Jahres war der Auslöser für den parlamentarischen Putsch gegen den demokratisch gewählten Präsidenten Paraguays, Fernando Lugo.