Argentinien: Vertrag mit US-Ölkonzern Chevron

Staatliche Ölgesellschaft vereinbart Joint Venture mit US-Konzern. Chevron wird für große Umweltschäden in Lateinamerika verantwortlich gemacht

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Miguel Galuccio von YPF und Ali Moshiri von Chevron
Miguel Galuccio von YPF und Ali Moshiri von Chevron

Buenos Aires. Vergangene Woche hat die staatliche argentinische Ölgesellschaft YPF einen Vorvertrag mit dem kalifornischen Ölkonzern Chevron unterzeichnet. Vereinbart wird darin unter anderem die Bohrung von 100 Förderlöchern in der Region Vaca Muerta. Laut Chevron ist ein Joint Venture geplant, mit Investitionen von 15 Milliarden US-Dollar und dem Ziel, mehr als tausend Förderlöcher zu bohren.

Im Frühjahr dieses Jahres hatte die argentinische Regierung die Enteignung von 51 Prozent der YPF-Anteile der spanischen Ölgesellschaft Repsol verfügt. Die EU verklagte daraufhin Argentinien bei der Welthandelsorganisation.

Seit der umstrittenen Verstaatlichungen ist die argentinische Regierung auf der Suche nach Investoren. Denn dem Land fehlen die finanziellen Mittel für die Erschließung der weltweit drittgrößten Reserven an Schiefergas, über die es verfügt. Kurz vor dem Übereinkommen mit Chevron wurde schon ein Vertrag mit dem norwegischen Energiekonzern Statoil abgeschlossen. Geplant ist außerdem noch eine Zusammenarbeit mit dem argentinisch-chinesischen Gemeinschaftsunternehmen Bridas.

In den argentinischen Medien wurde die Vertragsunterzeichnung mit Chevron überwiegend positiv aufgenommen. So schrieb die sonst regierungskritische Tageszeitung La Nacion,mit Hilfe von Chevron würden die nötigen finanziellen Mittel für die Förderung von Erdgas und Erdöl aufgebracht werden. Dies sei ein erster Schritt, Argentiniens Abhängigkeit von Energieimporten zu reduzieren.

Ob die argentinische Regierung mit der Zusammenarbeit mit Chevron ihrem Land einen Gefallen tut, sei jedoch in Frage gestellt. Chevron ist in mehrere Rechtsstreitigkeiten auf dem südamerikanischen Kontinent verwickelt.

In Brasilien forderte die Staatsanwaltschaft im Dezember 2011 von dem Unternehmen Schadenersatzzahlungen in Höhe von elf Milliarden Dollar. Chevron war verantwortlich für geschätzt 5.000 Barrel (795.000 Liter) Öl, die durch ein Leck im Bohrloch vor der brasilianischen Küste ins Meer entwichen sind. Die brasilianische Regierung hatte daraufhin dem Ölkonzern die Förderlizenz entzogen. Anfang 2012 wurde ein weiteres durch Chevron verursachtes Leck entdeckt.

Die Anklagen Ecuadors gegen den Ölkonzern im Januar 2012 sind ebenso gravierend und sorgten für einen Eklat für die argentinische Regierung. Die ecuadorianische Justiz hatte Chevron zu Zahlungen in Höhe von 19 Milliarden Dollar verurteilt. Grund waren die Umweltverschmutzungen, die die von Chevron übernommene Firma Texaco verursacht hatte, die zwischen 1964 und 1990 in der Amazonasprovinz Sucumbíos operierte. Die Umweltschäden betreffen eine Fläche von ungefähr 500.000 Hektar und führten zu Todesfällen bei der indigenen Bevölkerung. Chevron bestritt seine Verantwortung und verweigerte die Entschädigungszahlungen an die indigenen Gemeinden. Der ecuadorianische Staat bat daraufhin Argentinien um Rechtsbeihilfe. Der argentinische Richter Adrian Elcuj Miranda beschloss im November 2012 die Konfiszierung des Firmenvermögens von Chevron in Argentinien. Für die argentinische Regierung, die zeitgleich in Verhandlungen mit dem Konzern stand, ein peinlicher Zwischenfall.

Hinzu kommt, dass der zuvor enteignete Konzern Repsol rechtliche Schritte gegen Chevron einleitete. In der Klageschrift behauptet Repsol, dass Chevron mit der argentinischen Regierung konspiriert und die Enteignung unterstützt hätte, um eigene Interessen an den Ölvorkommen durchzusetzen.

Neben der ungeklärten rechtlichen Situation, die die Vertragsunterzeichnung überschattet, bleiben noch weitere Details des Vertrages zu klären, so zum Beispiel in welchem Maß das gewonnene Öl und Gas verteilt wird oder welchen Einfluss der Vertrag auf die Verträge mit den anderen beteiligten Firmen hat.