Bolivien / Paraguay / Politik

Grenzzwischenfall entzweit Bolivien und Paraguay

Bolivianische Polizisten sollen einen Paraguayer aus der Grenzregion entführt haben

La Paz, Asunción. Ein Grenzzwischenfall belastet das politische Verhältnis zwischen Bolivien und Paraguay. Die Presse in Asunción berichtet über eine illegale Festnahme, die bolivianische Polizisten auf paraguayischem Territorium vorgenommen haben sollen. Der Fall kocht hoch, als der linksgerichtete Präsident Fernando Lugo zum Staatsbesuch auf Kuba weilt. Boliviens Staatsoberhaupt Evo Morales bestreitet die Vorwürfe. Paraguays rechte Opposition will den Zwischenfall eingehend untersuchen.

Der Zwischenfall ereignete sich am 16. Mai 2009, wurde aber von beiden Regierungen bisher vertraulich behandelt. Paraguays Presse machte die mutmaßliche Aktion bolivianischer Polizisten just in dem Moment publik, als Präsident Lugo sich in Kuba aufhält und daheim vom Vizepräsidenten Federico Franco vertreten wird. Dieser ließ umgehend Boliviens Botschafter Freddy Marcel Quezada einbestellen. Laut dem Befehlshaber der paraguayischen Streitkräfte, Cibar Benítez, sollen bolivianische Sicherheitskräfte die Grenze überschritten haben, um den Paraguayer Roberto Sosa festzunehmen. Dieser ist verdächtig, in Bolivien zwei Motorräder, Handys, Motorsägen und einen größeren Geldbetrag geraubt zu haben. Dass die Festnahme in Paraguay stattgefunden haben soll, geht aus einer Zeugenaussage hervor. Außerdem will man Geschosshülsen gefunden haben, die diese Version belegen.

Morales hatte in einem Telefonat mit seinem Amtskollegen Lugo am Donnerstag gesagt, es seien weder Militärs noch Polizisten seines Landes in den Vorfall verwickelt. Laut bolivianischen Angaben handelt es sich um einen Vorfall unter Kriminellen, die beiderseits der unübersichtlichen Grenzen operieren. Diese Ansicht teilte auch Lugo. Jetzt aber hat sein Stellvertreter Franco offiziell Morales' Version bezweifelt. Den Medien nach soll er gesagt haben, er glaube eher den Informationen, die er von Benítez erhalten habe. Dem widerspricht sein Innenminister Alfredo Rada, der die bolivianische Polizeiaktion bestätigt, aber darauf verweist, dass diese nicht in Paraguay stattgefunden habe.

Das Verhältnis der beiden Staaten ist durch den Chaco-Krieg (1932-1934/35) historisch belastet. Erst am 20. März 2009 hatten La Paz und Asunción ihre Grenzstreitigkeiten unter argentinischer Vermittlung beigelegt. Der "Linksrutsch" Paraguays mit der Wahl Lugos und dessen Annäherung an die ALBA-Staaten Venezuela, Bolivien und Kuba wird sowohl von der heimischen Oligarchie misstrauisch verfolgt als auch von den USA, die in dem Land ihre wichtigste Militärbasis im so genannten "Cono Sur" unterhalten.