Mexiko: Lehrerproteste finden breite Unterstützung

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Die autonome Gemeindepolizei marschiert mit
Die autonome Gemeindepolizei marschiert mit

Chilpancingo, Mexiko. Am 94. Todestag von Emiliano Zapata, dem 10. April, hat der Bundesstaat Guerrero eine der größten Demonstrationen der jüngeren Geschichte erlebt:

60.000 Personen demonstrierten in der Regionalhauptstadt Chilpancingo gegen die Strukturreform im Schulwesen, die von den drei großen Parteien im mexikanischen Parlament und der Regierung von Präsident Enrique Peña Nieto ohne Konsultation der Lehrerschaft durchgesetzt worden war. Der Gewerkschaftsflügel CETEG, dem rund 6.000 Lehrer angehören, konnte dabei auf die Unterstützung von Studierenden, indigenen Bauerngemeinden und auch auf die autonome Gemeindepolizei zählen. Im Anschluss an den "Megamarsch" gaben die sozialen Organisationen die Bildung des Aktionsbündnis Volksbewegung Guerreros (Movimiento Popular de Guerrero, MPG) bekannt. Regierung und Medien reagieren äußerst nervös, insbesondere seit Anfang der Woche eine Gruppe von 50 Dorfpolizisten der autonomen Gemeindepolizei friedlich, aber mit ihren Flinten bewaffnet an einer Demonstration in Chilpancingo teilnahmen.

Die wachsende soziale Unruhe in Guerrero geht einher mit der Enttäuschung über die Amtsführung des Gouverneurs Angel Aguirre von der linksliberalen PRD, dessen Rücktritt nun von der MPG gefordert wird. Viele Beobachter sind sehr besorgt und warnen vor einem Aufstand. "Guerrero ist ein trockener Strohhaufen, es fehlt nur ein Funke, damit er sich entzündet", warnt beispielsweise Pioquinto Damián Huato, Unternehmensvertreter und ehemaliger Erziehungsminister in der Regierung Aguirre.

Auch in anderen Bundesstaaten gibt es Proteste gegen die Reform des Schulwesens. Die landesweite Koordination der demokratischen Sektoren der Lehrergewerkschaft entscheidet in den nächsten Tagen, ob sie in einen unbefristeten Streik treten werden. Die umstrittene Reform beinhaltet standardisierte Evaluationsverfahren für das Lehrpersonal und andere Leistungsansätze, ohne dass dabei auf die große soziale Ungleichheit im Lande und die kulturelle Vielfalt Rücksicht genommen wird. Sie wurde im Rahmen des "Paktes für Mexiko" beschlossen, mit welcher die PRI-Regierung, unterstützt von PRD und PAN, zahlreiche neoliberale Strukturanpassungsmaßnahmen durchführen will.

In Guerrero kam es indes zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen protestierenden Lehrern und der Polizei. Zuvor hatten dort Tausende zu Demonstrationen gegen die Bildungsreform versammelt. Zur Eskalation war es bereits zuvor gekommen, nachdem rund 1.500 Polizeikräfte begannen, die Blockade der Autobahn zwischen Mexiko-Stadt und Acapulco gewaltsam aufzulösen. Dabei wurden fünf Lehrer festgenommen und es kam zu insgesamt 14 Verletzungen auf beiden Seiten.

Die Gegner der Bildungsreform bemängeln vor allem die marktwirtschaftliche Ausrichtung der Plans der mexikanischen Regierung und fordern ein faireres System zur Bewertung der erbrachten Leistungen, sowie mehr Respekt gegenüber den schon lange im Lehrdienst Tätigen. Nach der gewaltsamen Räumung der Straßenblockade werfen Gewerkschaften und soziale Bewegungen der Regierung Peña Nietos nun mangelnde Dialogbereitschaft vor. Der Präsident nahm von China aus alle Verantwortung für den Polizeieinsatz auf sich. Bildungsminister Emilio Chuayffet ließ verlauten, dass niemand den Prozess der "Bildungsrevolution" aufhalten werde.
 Mittlerweile scheint der Widerstand gegen die Bildungsreform jedoch anzuwachsen. Neben der Gemeindepolizei erklärten verschiedene Gruppierungen, unter ihnen die neu gegründete Linkspartei Morena und die Bewegung  #yosoy132 Chilpancingo ihre Solidarität mit den protestierenden Lehrern.