Blockaden gegen Landrückgabe in Urabá

Innenministerium versucht Landrückgabe zu verhindern. Militär und Paramilitärs nutzen weiter geraubte Grundstücke

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Leiter der kolumbianischen ökumenischen Kommission "Gerechtigkeit und Frieden", Alberto Franco
Leiter der kolumbianischen ökumenischen Kommission "Gerechtigkeit und Frieden", Alberto Franco

Bogotá/Berlin. Im Bundestaat Urabá werden neue Mechanismen gesucht, um die Rückgabe des geraubten Territoriums

von 17 Gemeinden der Gebiete Jiguamiandó und Curbaradó zu verhindern. Dies kritisiert der Leiter der kolumbianischen ökumenischen Kommission "Gerechtigkeit und Frieden", Alberto Franco im Gespräch mit amerika21.de. Nur Schwarze oder Mestizen, die schwarze Ehefrauen haben, dürften die Gemeinden vertreten und überhaupt eine Landrückgabe beanspruchen, ordnete das Innenministerium beim letzten Treffen mit den Gemeindeältesten an. Diese klagen, dass somit legitime Mitbesitzer der Ländereien aufgrund Ihrer Hautfarbe ausgeschlossen werden.

Seit mehr als zehn Jahren setzen sich die Gemeinden für die Rückgabe ihrer von Palmöl- und Bananenunternehmern besetzten Ländereien ein, welche die Paramilitärs durch Massaker und systematische Einschüchterungen Ende der Neunziger und Anfang der 2000er geraubt hatten. Es handelt sich insgesamt um 35.000 Hektar Land, das zu den kollektiven afrokolumbianischen Territorien gehört.

Laut Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs basieren die gesetzlichen Sonderechte der schwarzen Gemeinden nicht auf der Idee einer "puren Rasse", welche absolut nur biologisch erworben werden kann. Vielmehr seien Gemeindemitglieder daran zu erkennen, dass sie eine gemeinsame Geschichte und eine gemeinsame Lebensart teilen, die sie von der Mehrheitskultur unterscheiden, so das Gericht. Dennoch hat das Innenministerium die entsprechenden Beschlüsse des Gremiums ignoriert.

"Das Thema Rasse, in dem das Schwarz-Sein und die Hautfarbe eine zentrale Rolle spielen, wird von Leuten angeführt, die mit den Großunternehmern des Palmölanbaus und der Viehzucht zusammenarbeiten", kommentiert Franco. Es seien Leute wie Darío Blandón, die einer völkischen Ideologie nahestehen.

Blandón ist ein Schwarzer, der von rassistischen Organisationen wie der Movimiento de Vanguardia Nacional (MVG) auf ihrem Blog Avanti Ragazzi als mutiges Mitglied der Gemeinden von Jiguamiandó und Curbaradó präsentiert wird. Dort heißt es Blandón hätte die Gewalttätigkeiten der FARC und der Kommission "Gerechtigkeit und Frieden" vor nationalen und internationalen Institutionen angeprangert.

Die Versuche, die Gemeinden zu spalten und zu destabilisieren, sind vielfältig. In der Vergangenheit hat die ehemalige Regierung Uribe versucht, Ländereien an falsche Vertreter der Gemeinderäte von Jiguamiandó und Curbaradó zurückzugeben. Der Verfassungsgerichtshof stoppte diese Aktionen und ordnete Fristen und Kriterien an, um endlich eine Landrückgabe an die legitimen Besitzer durchzuführen. "Doch es fehlt der politische Wille der Regierung, um die Entscheidungen des Gerichts wirklich umzusetzen", schätzt Alberto Franco die aktuelle Situation gegenüber amerika21.de ein.

So sei es offensichtlich, dass die Behörden in Bezug auf Todesdrohungen gegen die Mitglieder der Gemeinden untätig bleiben, so Franco weiter. "Die Drohungen stammen von Paramilitärs, die in den Gebieten vertreten sind und mit dem Militär, der Polizei und für die Großunternehmer arbeiten", erklärt der Priester. Wegen einer ähnlichen Äußerung wurde Anfang des Jahres ein Attentat auf ihn verübt.

Dass sogar Militärangehörige direkt von den gestohlenen Ländereien profitieren, zeigt der Fall des pensionierten Obersts der Streitkräfte, Luis Felipe Molano. Der Ex-Offizier wurde vom kolumbianischen Institut für ländliche Entwicklung (INCODER) zum illegalen Besetzer von afrokolumbianischen Grundstücken erklärt. Trotzdem unternehmen die Behörden nichts dagegen. Ähnlich sei der Fall des illegitimen Besitzers Darío Montoya, mit dem die Streitkräfte ohne rechtsmäßige Konsultation der Gemeinden über Ländereien verhandeln, um dort einen Militärstützpunkt zu bauen, sagt Franco gegenüber amerika21.de.