Brasília. Ein Bundesrichter in der Stadt Altamira im brasilianischen Bundesstaat Pará hat das Umweltgenehmigungsverfahren für den Goldabbau in der "Volta Grande" in der Nähe des Staudamms Belo Monte vorläufig gestoppt. Der Richter Sérgio Wolney Guedes mahnte bei der Entscheidung am vergangenen Mittwoch den Betreiber Brasiliens künftig größter Goldmine an, vor dem Genehmigungsverfahren und dem Baubeginn zuerst die Auswirkungen des Goldabbaus auf die betroffenen indigenen Gruppen zu untersuchen. Damit folgte der zuständige Richter der Klage der Bundesstaatsanwaltschaft, die den vorläufigen Stopp des Projektes bereits im Februar dieses Jahres gefordert hatte. Betrieben wird das Goldminen-Projekt von der Belo Sun Mining Corporation aus Toronto (Kanada).
Der Richter monierte auch das Verhalten der zuständigen Behörden. "Das Vorgehen des Umweltgenehmigungsverfahrens ohne die notwendige und vorherige genaue Untersuchung [der Folgen für] indigene Gruppen offenbart schwerwiegende Verstöße gegen die Umweltgesetzgebung und gegen indigene Rechte", so der Richter. Wolney Guedes fror per Richterbeschluss das Umweltgenehmigungsverfahren ein und erklärte auch die in Kürze erwartete behördliche Zuteilung einer Teilgenehmigung für nichtig, solange nicht indigene Belange gemäß den Vorgaben der Indigenenbehörde FUNAI sowie die indigene Konsultationen eingehalten würden. Im Falle von Zuwiderhandlungen gegen seine Entscheidung kündigte Wolney Guedes der Belo Sun Mining Corporation eine Strafe von 20.000 Reais pro Tag (umgerechnet etwa 6.500 Euro) an.
Der Konzern Belo Sun Mining mit Sitz in Toronto erhofft sich mit dem Projekt am Xingu-Fluss in direkter Nachbarschaft des Staudamms Belo Monte den Abbau von bis zu 4,1 Millionen Unzen über einen Zeitraum von zwölf Jahren. Damit wäre dies die größte Goldmine Brasiliens. Das Projekt mit dem Namen "Volta Grande" soll auf dem Gebiet der sogenannten "Großen Schlinge" des Xingu-Flusses begonnen werden. Durch den Bau des umstrittenen Staudamms Belo Monte soll dieses Gebiet bis zu 90 Prozent trockengelegt werden, wie die Bundesstaatsanwaltschaft unlängst errechnet hatte. Erst durch die infolge des Staudammbaus eintretende Trockenlegung des Flussbetts auf 100 Kilometern Länge wird der Abbau in offenem Tagebau wirtschaftlich möglich. Die Bloggerin Telma Monteiro hatte das Projekt im Jahr 2012 öffentlich gemacht.
Die Staatsanwälte hatten in ihrer im Februar eingereichten Klage die Rechte indigener Gruppen der Region durch das Goldabbau-Projekt bedroht gesehen. Deshalb sollte so lange keine Genehmigung erteilt werden, bis die betroffenen indigenen Gruppen angemessen angehört wurden, forderten die Bundesstaatsanwälte. Wegen der gleichzeitigen Unregelmäßigkeiten beim Genehmigungsverfahren für den Staudamm Belo Monte sei es nicht angebracht, die zwei umstrittenen Projekte getrennt zu betrachten. Vielmehr müssten beide Vorhaben in einer Umweltfolgenstudie zusammen analysiert werden. Nur so könnten die gegebenenfalls sich kumulativ einstellenden sozialen und Umweltfolgen in ihrem Zusammenspiel untersucht werden. Vor der Erteilung jedweder Lizenz sollten die Auswirkungen sowohl des Staudamms Belo Monte und des Goldabbau-Projekts von Belo Sun Mining hinsichtlich "der Umsiedlung von Bevölkerung, der Anwendung umweltschädlicher Substanzen sowie der Umweltauswirkungen" genauestens geprüft werden, empfahl die Staatsanwaltschaft.
Mit dem Belo Monte-Projekt soll am Xingu-Fluss im brasilianischen Amazonasbecken der drittgrößte Staudamm der Erde realisiert werden. Für eine Kapazität von bis zu elf Gigawatt soll er eine Fläche größer als den Bodensee fluten, während der Flussabschnitt "Volta Grande" deutlich weniger Wasser erhalten wird. Die in Brasilien gegen das Staudammprojekt kämpfenden Indigenen, Flussanwohner und Umweltgruppen warnen seit Jahren vor der Zerstörung von Schutzgebieten und Regenwaldflächen. Zudem drohten mehr als 20.000 Menschen die Zwangsumsiedlung, über 40.000 Personen gelten als betroffen. Die Lebensweisen indigener Völker seien bedroht und tausende Fischer stünden vor dem Verlust ihrer Existenzgrundlage, so die gegen den Staudammbau weltweit protestierenden Umweltgruppen.