Honduras / Politik

Warnung vor Wahlbetrug in Honduras

Konservativer Hernández siegt laut Wahlbehörde. Nachwahlbefragungen widersprechen offizieller Darstellung. Gewalt vor der Abstimmung

eingang_wahllokal_flor_de_cana.jpg

Eingang zu einem Wahllokal in einer Schulde der Hauptstadt Tegucigalpa
Eingang zu einem Wahllokal in einer Schulde der Hauptstadt Tegucigalpa

Tegucigalpa. Nach den Präsidentschaftswahlen in Honduras am Sonntag haben sich die Kandidaten der konservativen Rechten und der Linken zu Siegern erklärt. Sowohl Juan Orlando Hernández von der rechten Nationalen Partei als auch Xiomara Castro von der linksgerichteten Gruppierung LIBRE sehen sich auf Basis der ersten Auszählungsergebnisse als Sieger. Die unklare Lage nach einem von Gewalt und Einschüchterung überschatteten Wahlkampf droht nun in weitere Auseinandersetzungen zu münden. Wahlbeobachter hatten in den vergangenen Tagen von massiven Einschüchterungsversuchen gegenüber der Partei LIBRE sowie ausländischen Gästen berichtetet, von denen die Abstimmung beobachten werden sollte.

Castro ist die Ehefrau des 2009 bei einem Staatsstreich gestürzten Präsidenten Manuel Zelaya. Der Linksliberale war damals von rechten Putschisten und Militärs entführt worden, nachdem er sich an das von Kuba und Venezuela gegründete Staatenbündnis ALBA angenähert hatte. Der Putsch in Honduras hatte auch in Deutschland für Aufsehen gesorgt, weil er von der lokalen Vertretung der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung unter Büroleiter Christian Lüth unterstützt worden war. Die Partei LIBRE ging nach dem Putsch aus der Widerstands- und Demokratiebewegung hervor.

Die von den traditionellen Parteien dominierte Wahlbehörde TSE sprach in der Nacht zum Montag von einem möglichen Wahlsieg des Konservativen Hernández. Der Kandidat der Nationalen Partei liege nach Auszählung von 42 Prozent der Stimmen mit 34,15 Prozent in Führung. Obgleich das Gremium betonte, dass dieses Ergebnis nicht endgültig sei, feierten die Konservativen bereits ihren Sieg. Laut Nachwahlbefragungen fällt das Ergebnis jedoch anders aus. Nach Angaben regierungsunabhängiger Medien lag Castro mit 29 Prozent gegenüber 25 Prozent für Hernández in Führung. "Ich bin die Präsidentin von Honduras", sagte Castro daraufhin in einer Ansprache vor Anhängern: "Wir können heute den Sieg für unsere Partei Libertad y Refundación erklären".

Gegenüber amerika21.de berichtete Jutta Blume von dem Wahltag. Blume gehört zu einer Gruppe deutscher Journalisten und Menschenrechtsaktivisten, die zur Abstimmung nach Honduras gereist sind. Sie berichteten unter anderem in einem Live-Blog von den Wahlen. In den vergangnen Tagen waren sie mehrfach bedroht worden und hatten von Gewalt und Einschüchterung gegen die Partei LIBRE sowie internationale Beobachter berichtet.

"Am Wahlsonntag war die Stimmung in Tegucigalpa ungewöhnlich friedlich. Um vier wird die Wahlzeit um eine Stunde verlängert. Einige Wahllokale melden kleine technische Probleme, auf manchen Wählerlisten finden sich bereits verstorbene Personen", so Blume. In den meisten Wahllokalen seien keine Vertreter der Partei LIBRE anwesend gewesen, obwohl Vertreter aus allen Parteien vertreten sein sollen. In den meisten Schulen, die als Wahllokale fungieren, hätten Soldaten mit Maschinengewehren am Eingang gestanden. Im Viertel El Pedregal seien im Umkreis des Wahllokals sogar maskierte Militärpolizisten postiert gewesen. Blume weiter: "Abends standen die Wahllokale noch immer offen, die Honduraner durften bei der Auszählung zusehen. Die Leute warteten gespannt an den Türen und Fenstern der Klassenzimmer und riefen hin und wieder die Wahlaufsicht, wenn ihrer Meinung nach etwas falsch lief."

Für 19 Uhr (Ortszeit) habe die Wahlbehörde TSE die ersten Hochrechnungen angekündigt, dies aber auf später verschoben, da noch keine 20 Prozent der Stimmen ausgezählt worden seien. "Die Überraschung kam um kurz vor 21 Uhr, als die Wahlbehörde verkündet, dass Juan Orlando Hernández von der Nationalen Partei führe, während Castro nur 28,36 Prozent der Stimmen erhalten haben soll." Der unabhängige Sender Radio Globo habe erstmals von Wahlbetrug gesprochen und dazu aufgerufen, die Wahlurnen und die Ergebnislisten nicht aus den Augen zu lassen, bis alle Stimmen ausgezählt sind. "Die Straßen sind menschenleer, kaum ein Auto ist unterwegs, die Menschen sitzen zu Hause vor den Radios und Fernsehern oder sind immer noch in den Wahllokalen", so Blume in der Nacht zum Montag.