Soziale Bewegungen in Kolumbien beschließen Streik

Mehrtägiges "Gipfeltreffen" verabschiedet Forderungskatalog. Zehntausende bei Abschlusskundgebung

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Abschlusskundgebung des "Gipfels" am Montag in Bogotá
Abschlusskundgebung des "Gipfels" am Montag in Bogotá

Bogotá. Rund 4.000 Delegierte aus dem ganzen Land haben seit Freitag am "Gipfeltreffen" von Organisationen der Kleinbauern, Indigenen und Afro-Kolumbianer sowie sozialer Bewegungen teilgenommen.

Die Anwesenden hatten zum Teil eine bis zu 30 Stunden lange Reise in Bussen hinter sich. Einige Delegationen wurden bereits vor Abreise oder unterwegs bedroht. Eine 23-köpfige Delegation aus dem südlichen Bundesland Nariño wurde an der Fahrt gehindert, ihr Bus wurde von bewaffneten Vermummten, wahrscheinlich Paramilitärs, auf offener Straße gestoppt . Diese verletzten den Busfahrer und schossen mehrfach auf den Bus.

Zur Eröffnungsveranstaltung erschienen neben den Delegationen prominente Politiker wie der kürzlich abgesetzte Bürgermeister Bogotás, Gustavo Petro, der die Teilnehmer willkommen hieß. Ebenfalls anwesend waren der unlängst in den Senat gewählte linke Politiker und ehemalige Vorsitzende der Nationalen Agrar-Koordination (CNA), Alberto Castilla, die Vizepräsidentschaftskandidatin der Unión Patriótica, Aída Avella sowie der Gründer der Menschenrechtsorganisation MOVICE und Abgeordnete Iván Cepeda. Die Ansprachen aller Redner erinnerten an die Massaker und Bedrohungen gegen Linke, die in Kolumbien zur Tagesordnung gehören. In den 1980er Jahren wurden über 5.000 Mitglieder der UP von Paramilitärs und im Auftrag der Regierung ermordet. Auch Cepedas Vater wurde 1994 Opfer eines Attentats.

Der zweite Tag begann mit Arbeitsgruppen von je 200 bis 400 Personen, die in Zelten stattfanden. Die Hauptthemen und wesentlichen Diskussionspunkte betrafen die Landfrage, den Ausstieg aus dem Anbau von Marihuana, Koka und Schlafmohn, den Abbau von Bodenschätzen in indigenen Gemeinden, soziale Gerechtigkeit, die Beziehung zwischen Stadt und Land, die Rücknahme der Lizenzen für multinationale Konzerne, die Möglichkeit des Friedens und die Aktionsformen für den kommenden Streik.

Am Montag fand zum Abschluss eine Demonstration zum Rathausplatz statt, an der rund 30.000 Menschen teilnahmen. Auf der Kundgebung wurde der gemeinsam erarbeitete Forderungskatalog unter der Überschrift "Würde säen, Hoffnung bestellen, Land ernten" verlesen. Darin werden unter anderem Lösungen der Landfrage und Alternativen zum Extraktivismus gefordert. Die Friedensverhandlungen, die derzeit in Havanna zwischen der Regierung Kolumbiens und der FARC-Guerilla stattfinden, werden unterstützt, jedoch müssten die beiden anderen Guerillaorganisationen ELN und EPL ebenfalls einbezogen werden. Betont wird die Notwendigkeit, dass die Basisbewegungen und -oganisationen sich "mit eigener Stimme" am Prozess für einen "Frieden mit sozialer Gerechtigkeit" beteiligen.

Das Treffen stand im Kontext des großen Agrarstreiks im vergangenen Jahr, während dem 19 Protestierende ermordet, fast 600 verwundet und zahllose verhaftet wurden. Der "Gipfel" sollte eine erste Mobilisierung zu den nächsten Aktionen der Bäuerinnen und Bauern, Indigenen und Stadtbewohner sein. Für Anfang Mai wird im ganzen Land zu Streiks in verschiedenen Sektoren, zu Blockaden von Straßen, Minen und Bohrungen aufgerufen. Diese Streiks könnten sich bis zum Zeitraum der Präsidentschaftswahlen am 25. Mai erstrecken.