Angehörige der 42 Verschwundenen: Militär unter Verdacht

Rolle der mexikanischen Armee wird immer undurchsichtiger. Angehörige der verschwundenen Studenten versuchen, sie auf Militärgelände zu finden

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Eltern der verschwundenen Studenten suchen ihre Kinder in den Kasernen der mexikanischen Armee
Eltern der verschwundenen Studenten suchen ihre Kinder in den Kasernen der mexikanischen Armee

Mexiko-Stadt. Im Zuge der fortgesetzten Suche nach den verschwundenen Studenten haben Eltern, Kommilitonen und Mitglieder verschiedener politischer Organisationen am Montag erneut vor mehreren mexikanischen Militärstützpunkten protestiert.

In der Stadt Iguala, dem Ort des Verschwindenlassens der 43 Studenten in der Nacht auf den 27. September vergangenen Jahres, verschaffte sich die Gruppe mithilfe eines Coca Cola-Trucks um die Mittagszeit Zugang zum Gelände des 27. Infanteriebataillons. Der Truck, der mit Schrittgeschwindigkeit fuhr, durchbrach das Gitter, sodass mehrere Dutzend Menschen auf das Militärgelände gelangen konnten. Die herbeieilende Militärpolizei blockierte den weiteren Weg und schlug die Eindringlinge unter Einsatz von Tränengas und Gewalt zurück. Unter den 15 Verletzten befinden sich mehrere Eltern der Verschwundenen. Auch Omar García, Überlebender der besagten Schreckensnacht, in der sechs weitere unbeteiligte Menschen ebenfalls den Tod fanden, wurde verletzt.

Dass das in der Region stationierte mexikanische Militär in den Fokus der Aufmerksamkeit rückt ist indes nicht neu. Bereits Ende November hatten Angehörige der Verschwundenen vor den Toren des 27. Bataillons Einlass gefordert, um sich zu vergewissern, ob die 43 Studenten nicht doch auf dem Militärgelände festgehalten werden. Der ursprünglichen Forderung der Eltern, zusammen mit Pressevertretern, Anwälten und politischen Organisationen das Terrain zu betreten, wurde nicht stattgegeben. Nur wenige Tage danach wurde das Kommando der 35. Militärzone in Chilpancingo, Hauptstadt von Guerrero, und einen Tag davor, am 2. Dezember, im 27. Infanteriebataillon ausgewechselt.

Die Rolle des Militärs ist dabei in vielerlei Hinsicht fraglich. Zum einen zog sich der Überfall auf die Studenten über weite Teile der Nacht und wurde von Schüssen begleitet, die noch über große Strecken gehört werden konnten. Zum anderen beschuldigte eine öffentlich angebrachte Nachricht des lokalen Drogenkartells "Guerreros Unidos" einen Oberleutnant sowie einen Hauptmann des besagten Bataillons, an der Planung und Durchführung des Verschwindenlassens beteiligt gewesen zu sein.

Darüber hinaus haben die beiden Physiker Jorge Antonio Montemayor Aldrete und Pablo Ugalde Vélez von den Universitäten UNAM und UAM Atzcapotzalco in Mexiko-Stadt in einem Forschungsbericht die Version der Staatsanwaltschaft bestritten, wonach die 43 Studenten auf der Müllhalde von Cocula vebrannt worden seien. Den beiden Wissenschaftlern zufolge bräuchte es aufgrund der Anzahl der Körper Unmengen an Materialien – 33 Tonnen Holz oder bis zu 1000 Autoreifen – woraus sie rückschließen, dass die Studenten in Krematorien verbrannt wurden. Ihrer Auffassung nach ist es das Militär, das über solche Installationen verfügt und sie diskret anwenden kann. Die Existenz von Krematorien bestätigt auch General Francisco Gallardo Rodríguez, ehemaliger politischer Gefangener des Militärs über neun Jahre hinweg.

Als weiteres Indiz ist zu nennen, dass Rafael López Catarino, Vater des verschwundenen Julio César López, versichert, dass er über die GPS-Ortung das Handy seines Sohnes zuletzt auf dem Gelände des 27. Infanteriebataillons lokalisieren konnte. Und schließlich blickt  die 27. Einheit auf eine lange Geschichte von Aufstandsbekämpfungsmaßnahmen inmitten des Schmutzigen Krieges zurück. Unter den nun 43 Verschwunden befanden sich auch etliche, die politische Funktionen in ihren Organisationen ausübten.

Gegenüber dem Menschenrechtszentrum Tlachinollan, das den Fall der 43 Verschwundenen juristisch betreut, sagte Omar García in Bezug auf die Proteste von Montag: "Obwohl alle legalen Wege in den Insitutionen ausgeschöpft worden sind, haben wir keine klare Antwort gesehen, daher sind wir schon am Limit der Toleranz."