Verfahren gegen Spitzenpolitiker im Petrobras-Skandal?

Generalstaatsanwaltschaft fordert Verfahren gegen 54 Verdächtige. Politiker der Arbeiterpartei im Visier. Präsidentin Rousseff in der Defensive

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Kundgebung von Gewerkschaften und sozialen Bewegungen:  "Petrobras verteidigen heißt Brasilien verteidigen"
Kundgebung von Gewerkschaften und sozialen Bewegungen: "Petrobras verteidigen heißt Brasilien verteidigen"

Brasília. Im Korruptionsskandal um den Erdölkonzern Petrobras will die brasilianische Generalstaatsanwaltschaft Untersuchungen gegen 54 mutmaßliche Tatverdächtige einleiten, darunter zahlreiche Spitzenpolitiker. Dies erklärte ein Vertreter des Gerichts am Dienstagabend. Generalstaatanwalt Rodrigo Janot hatte dem Obersten Gerichtshof des Landes eine Liste mit den Namen der Verdächtigen weitergeleitet und gefordert, insgesamt 28 Verfahren einzuleiten.

Im "Petrolão"-Korruptionsskandal sollen zwischen 2003 und 2013 Schmiergelder in Milliardenhöhe bei der Vergabe von Petrobras-Aufträgen geflossen sein. Der halbstaatliche Ölriese gilt als Rückgrat der brasilianischen Wirtschaft. Im September 2014 erhob der ehemalige Petrobras-Manager Paulo Roberto Costa erstmals schwere Korruptionsvorwürfe gegen zahlreiche Politiker (amerika21 berichtete). Im Zuge der "Autowäsche" genannten Ermittlungen wurden in den vergangenen Monaten mehrere Manager des Konzerns wegen Bestechung verhaftet.

Die Namen der beschuldigten Politiker in den jüngsten Ermittlungen unterliegen einer Geheimhaltungspflicht und sind bislang nicht bekannt. Die Generalstaatsanwaltschaft fordert daher die Aufhebung ihrer Immunität, um die Identitäten der Verdächtigten veröffentlichen zu können. Laut Presseberichten soll es sich bei den Beschuldigten mehrheitlich um Politiker der regierenden Arbeiterpartei (PT) und ihrer Koalitionspartner handeln. Allerdings sollen auch Politiker der Oppositionspartei PSDB Schmiergelder erhalten haben. Wie die Tageszeitung "O Globo" berichtet, stehen die Präsidenten des Senats und des Abgeordnetenhauses, Renan Calheiros und Eduardo Cunha, beide Politiker der Mitte-rechts-Partei PMDB und Koalitionspartner der PT, in Verdacht, Teil des Korruptionsnetzes zu sein. Die Politiker bestritten bislang eine Verwicklung in den Skandal.

Anfang Februar war Maria das Graças Foster, Petrobras-Direktorin und enge Vertraute von Präsidentin Dilma Rousseff, nach öffentlichem Druck zurückgetreten. Rousseff, die von 2003 bis 2010 Verwaltungsratsvorsitzende des Unternehmens war, bestreitet eine persönliche Beteiligung. Nichtsdestotrotz sanken die Beliebtheitswerte der Präsidentin nach den neuesten Entwicklungen im "größten Korruptionsskandal in der Geschichte des Landes" auf 23 Prozent. Die rechte Opposition nutzte den Skandal bereits im vergangenen Jahr als Wahlkampfthema. In den vergangenen Wochen wurden Stimmen lauter, die eine Amtsenthebung der Präsidentin fordern. An Demonstrationen beteiligten sich bisher zwar nur wenige Brasilianer, jedoch könnte die Bewegung mit einem möglichen Prozess an Fahrt gewinnen. Für den 15. März rufen rechte Gruppen und Oppositionsparteien zu Protesten im ganzen Land auf.