Guatemala / Politik

Demonstrationen in Guatemala dauern an

Große Beteiligung an vielfäligten, spontanen Protesten. Organisierung über die sozialen Netzwerke. Ständige Bürgerversammlungen angekündigt

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Demonstrant in Guatemala-Stadt: "Wir werden nie wieder unsichtbar sein"
Demonstrant in Guatemala-Stadt: "Wir werden nie wieder unsichtbar sein"

Guatemala-Stadt. Die Protestaktionen in Guatemala mit der Forderung nach Rücktritt von Präsident Otto Pérez Molina und Vizepräsidentin Roxana Baldetti gehen weiter. Auslöser ist ein Korruptionsskandal auf höchster Regierungsebene, der Mitte April aufgedeckt worden war. Ein kriminelles Netz von Schmugglern und Zollbetrügern unter Führung des Privatsekretärs der Vizepräsidentin soll Millionen US-Dollar unterschlagen haben.

Wenige Tage nach der großen Demonstration mit Beteiligung unterschiedlichster Sektoren am 25. April unter dem Motto “#RenunciaYa” (Tritt zurück) forderte die "Asamblea social y popular", ein Zusammenschluss aus 72 Gemeinden und Organisationen, in einem Manifest eine verfassunggebene Versammlung und kündigte an, permanente gesellschaftliche Versammlungen einzuberufen. Am 30. April demonstrierte eine Gruppe von Bürgern mit Musikinstrumenten vor dem Präsidentenpalast und verlangte dessen Rücktritt. In der traditionellen Demonstration am 1. Mai wurde diese Forderung ebenfalls aufgenommen und am 2. Mai gingen nach Aufrufen, die über die sozialen Netzwerke verbreitet worden waren, erneut Tausende auf die Straße.

Der Unmut über die Korruption ist groß und eine immer wiederkehrende Aussage der Protestierenden ist: "Wir haben die Angst verloren." Es ist ein vielfältiger, spontaner Protest, der sich über die sozialen Netzwerke organisiert. Laut Ollantay Itzamná vom Internetportal "Prensa comunitaria" kennzeichnet sich der derzeitige Protest, wie viele aktuelle soziale Bewegungen, durch kollektive Aktionen, die selbst ausgerufen (ohne Strukturen oder aufrufende Anführer), spontan (ohne vorheriges Programm oder Organisation), gleichzeitig (in mehreren Städten zur gleichen Zeit) und massenhaft sind. Es sind Bürgerinnen und Bürger, die in ihrem eigenen Namen auf die Straße gehen. Eine weitere Demonstration "#RenunciaYa" ist für den 16. Mai angekündigt.

Am 3. Mai nutzte jedoch auch Manuel Baldizon von der rechtsgerichteten Oppositonspartei “Erneuerte Demokratische Freiheit” (LIDER), millionenschwerer Hotelunternehmer, Befürworter der Todesstrafe und aussichtsreicher Präsidentschaftskandidat für die Wahlen im September die Situation aus, um sich vor seinen Anhängern auf dem Zentralen Platz vor dem Präsidentenpalast als Kandidat auszurufen und Reformen des Staates zu fordern.

Noch vor der ersten großen Demonstration am 25. April, zirkulierte ein anonymer Aufruf tituliert mit "Plan 'B' #RevoluciónYa", in einer Sprache, die an die militärische Ausfstandbekämpfung der 80er Jahre erinnert, der zu einer gewaltsamen Demonstration am darauffolgenden Montag aufrief und nach einem möglichen Staatsstreich oder Ausnahmezustand klang. Er stellte sich jedoch als Falschmeldung heraus. Es wird vermutet, dass dies ein Versuch war, die Bürgerinnen und Bürger durch Angstmacherei von ihrem friedlichen Protest abzuhalten.