Venezuela / Politik

Zeugen geben Details über mutmaßliche Manipulation der Wahl in Venezuela

wahlen_parlamentswahlen_venezuela_caracas_2015_mud_wahlbetrug.jpg

Links im Bild: Wahlzeugen der Parteien in einem Wahllokal in Caracas am 6. Dezember 2015
Links im Bild: Wahlzeugen der Parteien in einem Wahllokal in Caracas am 6. Dezember 2015

Caracas. In Venezuela haben Vertreter des regierenden Parteienbündnisses Großer patriotischer Pol die Vorwürfe der Wahlbeeinflussung bekräftigt, die derzeit vor dem Obersten Gerichtshof behandelt werden. Nur wenige Tage vor der Übernahme eines neuen, oppositionell dominierten Parlaments hat die Wahlkammer des Gerichtshofs die Vereidigung aller Abgeordneten aus dem Staat Amazonas blockiert, darunter auch drei Vertreter der Opposition. Damit ist die Zweidrittelmehrheit, die das Oppositionsbündnis Tisch der Demokratischen Einheit (MUD) am 6. Dezember erreicht hat, in Gefahr.

Vertreter des Regierungslagers werfen der Opposition vor, die Parlamentswahlen durch Manipulation der eingesetzten Beisitzer der Parteien in den Wahllokalen gezielt beeinflusst und Stimmenkauf betrieben zu haben. Die sogenannten Wahllokalzeugen überwachen den korrekten Ablauf des Wahlprozesses und werden von den verschiedenen Parteien entsandt. An jedem Wahltisch müssen mindestens zwei Zeugen von unterschiedlichen Parteien oder Parteienbündnissen anwesend sein, um eine gegenseitige Kontrolle zu ermöglichen.

Die Zeugen kontrollieren auch die Arbeit der Wahlhelfer. Nach Schließung der Wahllokale zählen die Wahlhelfer die Stimmen aus und vergleichen ihre Ergebnisse stichprobenartig mit den Ergebnissen der Wahlmaschinen. Auch hierbei sind die Zeugen anwesend und führen Protokoll. Jeder Zeuge und Wahlhelfer erhält eine Kopie des Wahlergebnisses seines Wahltisches und stellt diese auf Nachfrage seiner Partei zur Verfügung. Somit haben alle Parteien Einblick in die Ergebnisse aller Wahltische des Landes. Die gegenseitige Kontrolle ist dementsprechend Grundlage für die Gewährleistung einer transparenten und sauberen Wahl.

Im Vorfeld der Parlamentswahlen vom 6. Dezember soll es nun zu folgendem Szenario gekommen sein: Personen, die sich als Mitglieder der regierenden Vereinigten Sozialistischen Partei (PSUV) ausgaben, schlugen sich selber als Zeugen gegenüber den Verantwortlichen der Parteien in den Wahlkreisen vor. In manchen Fällen sollen diese den Vorschlag ohne weitere Nachfragen und Untersuchungen akzeptiert haben. So soll es dazu gekommen sein, dass in manchen Wahllokalen nur Zeugen des Oppositionsbündnisses MUD anwesend waren, was eine Verletzung des Wahlrechts darstellen würde und Manipulationen theoretisch ermöglicht. Der Nationale Wahlrat hätte kaum Möglichkeiten, diesen Verstoß zu überprüfen.

Einer der Verantwortlichen für die Benennung der Wahlzeugen der PSUV im Wahlkreis 1 von Caracas berichtet gegenüber amerika21: "Als zwei Frauen mich ansprachen und sich als Zeugen für die PSUV bewarben, habe ich zum Telefon gegriffen und einige Anrufe getätigt. Es stellte sich heraus, dass sie Anhängerinnen der Opposition sind. Das ging so weit, dass eine von ihnen am Tag der Wahl als Zeugin für die MUD anwesend war." Auf die Nachfrage, wie es möglich sei, die Verantwortlichen der Parteien zu täuschen, antwortete der Mann: "Wir haben hier ein gutes Netzwerk von Genossen und kennen uns alle gegenseitig, das macht es hier schwer. In anderen Vierteln ist das aber nicht so."