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Kritik an Medienpolitik der Interimsregierung in Brasilien

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Im Visier der Interimsregierung: Das staatliche Kommunikationsunternehmen EBC
Im Visier der Interimsregierung: Das staatliche Kommunikationsunternehmen EBC

Washington. Die Sonderberichterstatter zum Schutz der freien Meinungsäußerung der Vereinten Nationen (UN) und der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte (CIDH) haben die jüngsten Maßnahmen der De-facto-Regierung in Brasilien gegen Staatsmedien kritisiert.

Am 18. Juni hatte Interimspräsident Michel Temer die Schließung des Fernsehsenders TV Brasil angeordnet. Zugleich legte er dem Kongress ein Gesetzesprojekt vor, das die Zuwendungen für das staatliche Kommunikationsunternehmen Empresa Brasil de Comunicação (EBC) kürzen soll. Als Grund nannte er geringe Einschaltquoten und wirtschaftliche Ineffizienz. EBC verwaltet seit 2008 die öffentlichen Radio- und Fernsehsender sowie die Nachrichtenagentur Agência Brasil.

In einer Stellungnahme, die vom UN-Informationszentrum verbreitet wurde, erklärten David Kaye (UN) Edison Lanza (CIDH) dazu, dies seien "negative Schritte für ein Land, das bekanntermaßen der Gedankenfreiheit und der freien Meinungsäußerung verpflichtet ist." Brasilien durchlaufe eine kritische Phase und es müsse darum gehen, erzielte Fortschritte in dem Bereich zu bewahren. Die Initiative zur Entwicklung eines alternativen öffentlichen Senders mit landesweiter Verbreitung und unabhängigem Status bewerten sie als eine "positive Bemühung" zur Förderung des Pluralismus in der brasilianischen Medienlandschaft, besonders im Hinblick auf die Konzentration des Eigentums bei den Medien im Land.

Man habe die von der Regierung geäußerten Bedenken hinsichtlich der wirtschaftlichen Lage von EBC zur Kenntnis genommen. "Diese rechtfertigen jedoch nicht die Einmischungen in die Verwaltung eines landesweiten staatlichen Senders und vor allem nicht in seine journalistische Arbeit", betonten die Berichterstatter. Gemäß internationalen Standards müssten alle Staaten die Unabhängigkeit der öffentlichen Medien gewährleisten. Dies bedeute, dass sie deren Verwaltungsautonomie und redaktionelle Freiheit garantieren müssten.

Kaye und Lanza erinnerten auch an die Entlassung des EBC-Direktors Ricardo Melo am 17. Mai, der gerade erst seine vierjährige Amtszeit angetreten hatte. Er musste zwar zwei Wochen später durch Entscheidung des Obersten Gerichtshofes wieder eingesetzt werden, doch die neue Leitung hatte in dieser Zeit die Verträge einiger Journalisten wegen angeblicher politischer Gegnerschaft zur Interimsregierung aufgehoben und mehrere Fernsehsendungen gestrichen.