Senat in Brasilien stimmt für Deckelung der Staatsausgaben

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Im ganzen Land protestierten Zehntausende nach der Abstimmung im Senat. Vielererorts kam es zu heftigen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizei, wie hier in Brasília
Im ganzen Land protestierten Zehntausende nach der Abstimmung im Senat. Vielererorts kam es zu heftigen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizei, wie hier in Brasília

Brasília. Der brasilianische Senat hat am Dienstag der von De-facto-Präsident Michel Temer vorgelegten Verfassungsänderung PEC 55 (zuvor PEC 241) zugestimmt. Damit werden die Staatsausgaben für höchstens 20, mindestens aber für die kommenden neun Jahre eingefroren. 53 Mitglieder des Senats stimmten dafür, 16 dagegen, unter ihnen die der Arbeiterpartei (PT), Vanessa Grazziotin von der Kommunistischen Partei und drei Mitglieder von Temers Partei der Demokratischen Bewegung (PMDB). Die Abgeordnetenkammer hatte zuvor bereits für das Gesetz gestimmt.

Verfechter des Vorhabens wollen damit den Haushalt sanieren und das "Vertrauen von Investoren wiedergewinnen", wie es aus dem Finanzministerium heißt. Kritiker hingegen sehen in der Deckelung einen Rückgang der Investitionen, der sich angesichts der Inflation besonders nachteilig im Sozial-, Bildungs- und Gesundheitsbereich niederschlagen werde: Innerhalb von 20 Jahren könnte es zu Einschnitten von bis zu 40 Prozent in diesen Bereichen sowie zu einer Verringerung des Mindestlohns kommen. Demnach seien es die ärmsten Teile der Bevölkerung, die am stärksten von den Haushaltseinschränkungen betroffen sein werden.

Seit Bekanntwerden der geplanten Kürzungen und der Festsetzung des Haushalts durch die De-facto-Regierung gibt es im ganzen Land massive Proteste dagegen, fast täglich kommt es zu Demonstrationen, Straßenblockaden und auch zu Arbeitsniederlegungen. In einigen Bundesstaaten schlossen sich Lehrer und Mitarbeiter von Banken den Protesten an. Diese richteten sich gegen die von der Regierung geplanten Lockerungen im Arbeitsrecht, Kürzungen in der staatlichen Altersversorgung sowie im Bildungssystem. Schülerinnen und Schüler protestieren gegen das Einfrieren der Ausgaben für öffentliche Bildung und halten über 1.000 Schulen besetzt. Oftmals setzte die Polizei Gummigeschosse und Tränengas gegen die Demonstranten ein.

Auch der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für extreme Armut und Menschenrechte, Philip Alston, kritisierte PEC 55 scharf. Das Einfrieren der Staatsausgaben werde die Ungleichheit in einem Land mit großen sozialen Unterschieden weiter erhöhen und "bedeutet definitiv, dass die sozialen Rechte in Brasilien in den kommenden 20 Jahren von sehr geringer Priorität sind", sagte er am vergangenen Freitag.

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