UNO macht Behörden in Brasilien für Gefängnismassaker verantwortlich

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Der Gewaltausbruch geschah im privatisierten Gefängniskomplex Anísio Jobim am Stadtrand von Manaus
Der Gewaltausbruch geschah im privatisierten Gefängniskomplex Anísio Jobim am Stadtrand von Manaus

Genf. Das Hochkommissariat für Menschenrechte der Vereinten Nationen in Genf hat die staatlichen Behörden von Brasilien für eine Gefängnismeuterei, die zum Tod von 56 Insassen geführt hat, verantwortlich gemacht. Die UNO fordert in einer Verlautbarung zu den blutigen Geschehnissen eine "sofortige, umfassende und effektive Untersuchung der Ereignisse, die im Verantwortungsbereich der Justiz stattfanden".

In dem Gefängniskomplex Anísio Jobim am Stadtrand von Manaus, der Hauptstadt des brasilianischen Bundesstaates Amazonien, waren am vergangenen Sonntag Rivalitäten zwischen zwei kriminellen Organisationen ausgebrochen, die ihre Basen in São Paulo und Río de Janeiro haben sollen. Polizeieinheiten errangen erst nach 17 Stunden die Kontrolle zurück.

Die UNO untermauert mit ihrer Stellungnahme, dass der Gewaltausbruch voraussehbar gewesen sei. Bereits in früheren Untersuchungen habe sie eine chronische Überbelegung und schwere Missachtungen der Menschenrechte in den brasilianischen Gefängnissen angeprangert. Nach einer Inspektion im Jahr 2015 mahnte die UNO insbesondere an, dass die massive Überbelegung zu unkontrollierbaren Zuständen führe. Bei mehreren Gelegenheiten hätten die Vereinten Nationen bereits früher die "sehr hohe" Todesrate angeprangert.

Die Erklärung des Hochkommissariats für Menschenrechte erinnert auch an eine Entscheidung der UNO von 1992, wonach staatliche Institutionen verpflichtet sind, in ihren Hafteinrichtungen "ohne Ausnahme" Bedingungen zu garantieren, die nicht dem Verbot von Folter, erniedrigender, grausamer oder unmenschlicher Behandlung zuwiderlaufen. Ein Mangel an finanziellen Mitteln sei kein akzeptables Argument.

Eine vergangenes Jahr verbreitete Erklärung des UN-Spezialisten für Menschenrechte, Juan E. Méndez, kritisierte Praktiken von Folter und Misshandlung und den "institutionellen Rassismus" des Gefängnissystems des südamerikanischen Landes. Dies führe dazu, dass etwa 70 Prozent der mehr als 650.000 Insassen Schwarze sind.

Brasiliens De-facto-Präsident Michel Temer verwahrte sich indes gegen die Vorhalte und bezeichnete das Blutbad von Manaus als "schrecklichen Unfall". Die Kontrolle über die Gefängnisse liege in der Regel bei den Regierungen der Bundesstaaten, aber in diesem Fall handele es sich um eine "privatisierte Haftanstalt". Daher seien Staatsbedienstete für die Vorfälle nicht verantwortlich zu machen.

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