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Erstes Abkommen zwischen der EU und Kuba startet mit Misstönen

EU-Parlament gibt grünes Licht für Vertragswerk. Umstrittener "Gemeinsamer Standpunkt" abgeschafft. Einseitige Exit-Klausel sorgt für Kritik aus Havanna

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Kuba und die EU haben erstmals einen Vertrag über Kooperation abgeschlossen
Kuba und die EU haben erstmals einen Vertrag über Kooperation abgeschlossen

Havanna. Nachdem das Europäische Parlament am Mittwoch erstmals grünes Licht für einen Kooperationsvertrag zwischen der EU und Kuba gegeben hat, wies das kubanische Parlament eine Klausel darin als "kolonialistisch" zurück. In einer öffentlichen Stellungnahme, in der die kubanischen Abgeordneten der EU die Einmischung in innere Angelegenheiten Kubas vorwerfen, wird der entsprechende Abschnitt heftig kritisiert. Kubas Außenminister Bruno Rodríguez würdigte das Vertragswerk insgesamt jedoch als großen Fortschritt. Nach der Ratifizierung durch das EU-Parlament könne nun von kubanischer Seite an der Implementierung des Abkommens gearbeitet werden.

Die Verabschiedung des "Abkommens über politischen Dialog und Zusammenarbeit zwischen Kuba und der Europäischen Union" wurde in den letzten Jahren im Rahmen zäher Verhandlungen zwischen beiden Seiten erarbeitet. Es sollte die Beziehungen zwischen Kuba und der europäischen Staatengemeinschaft auf eine neue Grundlage stellten und den seit dem Jahr 1996 gültigen "Gemeinsamen Standpunkt" ablösen, der wesentlich von der damaligen rechtskonservativen spanischen Regierung um José María Aznar erarbeitet wurde. Der "Gemeinsame Standpunkt", der in den letzten Jahren tatsächlich zu erheblichen Differenzen zwischen den Mitgliedsstaaten der EU geführt hatte, verfolgte das Ziel, "einen Prozess des Übergangs in eine pluralistische Demokratie" in Kuba zu fördern. Dies wurde von Kuba immer wieder als Einmischung in die Selbstbestimmung des Landes zurückgewiesen.

Das neue Abkommen, welches am 12. Dezember 2016 unterzeichnet wurde und den Weg für breitere wirtschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit eben soll, verzichtet auf derartige Formulierungen und beinhaltet stattdessen einen "Dialog über Menschenrechte", den die Kubaner auf Augenhöhe führen wollen. Bei Ratifizierung des neuen Abkommens, welches im EU-Parlament mit 567 Ja-Stimmen, 61 Ablehnungen und 31 Enthaltungen verabschiedet wurde, fügten die Parlamentarier offensichtlich ohne Rücksprache mit den Kubanern eine Zusatzklausel hinzu, welche das neue Vertragswerk außer Kraft setzen soll, falls Kuba seine Zusagen bei den Menschenrechten nicht einhält. Für eine solche "Exit-Klausel" hatte sich nach Informationen beteiligter Diplomaten im Verhandlungsprozess immer wieder auch die deutsche Bundesregierung eingesetzt.

"Manche Abgeordneten", heißt es in dem Statement des kubanischen Parlaments, "haben sich für die Aufnahme der Zusatzklausel ausgesprochen, die unnötig, unangebracht und bemerkenswert kolonialistisch ist und über den sie versuchen, über Demokratie und Menschenrechte zu belehren." Dies stehe im Widerspruch zur positiven Entwicklung, die zwischen der EU und Kuba erreicht wurde.

Kuba kritisierte seinerseits die Zunahme von Fremdenfeindlichkeit und "ausgrenzenden Praktiken gegen Minderheiten" auf dem Gebiet der Europäischen Union sowie den "Mangel an Solidarität und Gefühl von historischer Verantwortlichkeit bei der Handhabung der Flüchtlingswellen aus Afrika und den Mittleren Osten." Das EU Parlament solle sich eher diesen Themen widmen, habe jedoch kein Recht sich in Angelegenheiten einzumischen, die der "exklusiven Kompetenz des kubanischen Volkes" unterliegen.

Am Vorabend der Parlamentsentscheidung meldete die halbstaatliche kubanische Nachrichtenagentur "Prensa Latina" noch, dass die Insel "offen für den Aufbau einer neuen Etappe in den Beziehungen mit der EU" sei, und dass das neue Abkommen "zum ersten Mal" einen gleichberechtigten und respektvollen Rahmen böte, der in Fragen der politischen Zusammenarbeit und des Handels für beide Seiten vorteilhaft sei.

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