Opferangehörige in Chile warnen vor Flucht von Colonia-Dignidad-Arzt Hopp

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Myrna Troncoso koordiniert die Organisationen der Angehörigen von Verschwundenen, ermordeten politischen Gefangenen und Opfern der deutschen Sektensiedlung Colonia Dignidad in der Región del Maul in Chile
Myrna Troncoso koordiniert die Organisationen der Angehörigen von Verschwundenen, ermordeten politischen Gefangenen und Opfern der deutschen Sektensiedlung Colonia Dignidad in der Región del Maul in Chile

Santiago. Angehörige von Verschwundenen und ermordeten politischen Gefangenen und Opfern der deutschen Sektensiedlung Colonia Dignidad in Chile befürchten die Flucht des verurteilten Arztes Hartmut Hopp, einem der engsten Mitarbeiter des Sektengründers Paul Schäfer.

Das Landgericht Krefeld hatte vergangene Woche entschieden, den in Chile wegen Beihilfe zum sexuellen Kindesmissbrauch zu fünf Jahren Freiheitsentzug verurteilten Hopp in Deutschland in Haft zu nehmen. Das Gericht erklärte die Urteile chilenischer Gerichte für in Deutschland vollstreckbar. Der Beschluss ist jedoch noch nicht rechtskräftig, was die Fluchtgefahr erhöht. Hopp war vor einigen Jahren nach Deutschland geflohen. Seine deutsche Staatsangehörigkeit schützt ihn vor Auslieferung. Die chilenische Justiz hatte daher die Vollstreckung der Strafe in Deutschland beantragt.

Myrna Troncoso, Koordinatorin der Angehörigenorganisationen der Region Maule in Chile, begrüßte die Entscheidung des deutschen Gerichtes, forderte die Justizbehörden jedoch auf, Hopp umgehend in Haft zu nehmen, da er sich bereits früher der Strafe entzogen hat: "Wir wissen, dass er über gefälschte Dokumente, Geld und Unterstützernetzwerke verfügt, die er erneut nutzen könnte, um zu fliehen". Die Justiz müsse zügiger vorgehen und auch Befragungen Hopps zulassen, denn er könne Informationen über den Verbleib von Verschwundenen liefern, betonte Troncoso. Gegen Hopp läuft in Chile ein weiteres Ermittlungsverfahren: Neben den Taten innerhalb der Colonia Dignidad geht es um seine Rolle als Kontaktperson zum chilenischen Geheimdienst DINA während der Militärdiktatur, informierte die in Berlin ansässige Juristen- und Menschenrechtsorganisation European Center für Constitutional and Human Rights.

Auch die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Heike Hänsel, fordert von den zuständigen Justizbehörden in Nordrhein-Westfalen "Maßnahmen gegen eine mögliche Flucht des Straftäters". Hopp habe sich "schon einmal – offenbar mit Hilfe nach wie vor gut funktionierender Netzwerke – aus Chile nach Deutschland abgesetzt". Sie sehe daher "dringenden Handlungsbedarf" , heißt es in ihrer Pressmitteilung.