Washington/London. Anlässlich des 50. Jahrestags des Militärputsches gegen den demokratisch gewählten Präsidenten Salvador Allende haben US-amerikanische Abgeordnete eine historische Resolution sowohl im Repräsentantenhaus als auch im Senat eingebracht. Dessen Text drückt "tiefes Bedauern" über die Rolle der US-Regierung bei der Unterstützung der chilenischen Diktatur unter General Augusto Pinochet während seiner 17-jährigen Schreckensherrschaft aus.
Die Senatoren Bernie Sanders und Tim Kaine initiierten zusammen mit den Mitgliedern im Repräsentantenhaus Alexandria Ocasio-Cortez, Joaquin Castro, Greg Casar und Nydia Velázquez die Resolution. Alle Unterzeichner gehören der Demokratischen Partei an bzw. stehen ihr nah. Mitte August waren sie nach Chile gereist, um Gespräche mit Präsident Gabriel Boric und Vertretern seiner Regierung zu führen.
Die US-Beteiligung an der Destabilisierung Chiles, um die Bedingungen für den Putsch von 1973 zu schaffen und später die Militärdiktatur Pinochets zu unterstützen, war lange Zeit ein umstrittenes Thema in der politischen Debatte in den USA. Die Resolution markiert einen Wendepunkt, da sie erstmals formell die Rolle der Regierung von Präsident Richard Nixon bei den Ereignissen in dem südamerikanischen Land anerkennt.
"Am 50. Jahrestag des schrecklichen Putsches in Chile müssen wir deutlich machen, dass wir unsere Beteiligung bedauern und uns verpflichten, die chilenische Demokratie zu unterstützen", sagte Senator Sanders. "Um die dauerhaften Partnerschaften aufzubauen, die wir in dieser Hemisphäre brauchen, müssen wir eine Basis von Vertrauen und Respekt schaffen. Zu diesem Prozess gehört auch die volle Rechenschaftspflicht für den Putsch und seine Folgen."
Parallel zur Einbringung der Resolution in beiden Kammern des US-Kongresses, veröffentlichte die britische Regierung bisher unter Verschluss gehaltene Dokumente, die die Unterstützung des britischen Auslandsgeheimdiensts MI6 für das Militärregime festhalten. Das Archivmaterial dokumentiert die Aktivitäten des MI6 in Chile von 1972 bis 1974 auf bisher einzigartige Weise.
Die Informationen aus den freigegebenen Archivdokumenten haben ans Licht gebracht, dass die britische Regierung heimlich die Pinochet-Diktatur bei der Entwicklung einer Strategie zur Aufstandsbekämpfung unterstützte. Im Jahr 1974 versorgte der MI6 das chilenische Militärregime mit Informationen über die Niederschlagung von Aufständen in den Kolonien in Südostasien, insbesondere in Britisch-Malaya. Während der Militärdiktatur beging der chilenische Sicherheitsapparat zahllose Menschenrechtsverletzungen an der Zivilbevölkerung und internierte, folterte oder tötete massenhaft Regime-Gegner.
Die Zusammenarbeit zwischen beiden Staaten wurde erstmals beim Besuch des Chefs der britischen Marine, Pollock, in Chile im November 1973 diskutiert. Die chilenischen Vertreter waren von der britischen Strategie zur Niederschlagung von Aufständen so beeindruckt, dass sie Großbritannien um Unterstützung baten. Die Briten lieferten der chilenischen Militärdiktatur Unterlagen über die Erfahrungen zur Aufstandsbekämpfung in ihrer Kolonie Malaya. Die Operation auf der malaysischen Halbinsel war geprägt von Zwangsumsiedlungen von über 500.000 Zivilisten, Luftangriffen und einer intensiven Propagandakampagne.
Die Dokumente werfen Fragen über britische Geheimdienstaktivitäten vor dem Putsch in Chile auf. So wurde beispielsweise der MI6-Offizier David Spedding bereits 1972 in die britische Botschaft nach Santiago entsandt und pflegte enge Beziehungen zum späteren führenden Mitglied der Militärjunta, Admiral Merino.
Die neu enthüllten Unterlagen bringen neues Licht in die internationale Unterstützung des chilenischen Militärregimes und zeigen, wie bedeutend die Hilfe westlicher Geheimdienste für das Überdauern der Diktatur waren.