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China löst Venezuela als Kubas wichtigster Handelspartner ab

Erdöllieferungen aus Venezuela im Tausch gegen medizinische Dienstleistungen stark zurückgegangen. China konnte Handelsumsatz mit Kuba ab 2014 verdoppeln

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Das kubanische Statistikbüro ONE hat die Zahlen für 2016 vorgelegt
Das kubanische Statistikbüro ONE hat die Zahlen für 2016 vorgelegt

Havanna. Das Handelsvolumen zwischen Kuba und Venezuela hat sich in den vergangenen drei Jahren um gut 70 Prozent verringert. Nach aktuellen Zahlen des kubanischen Statistikbüros ONE ging der Warenhandel beider Länder im Jahr 2016 von 4,2 auf 2,2 Milliarden US-Dollar zurück, während sich die Volksrepublik China inzwischen als wichtigster Handelspartner der Insel etablieren konnte.

Noch im Jahr 2012 handelten Kuba und Venezuela Güter im Wert von 8,5 Milliarden Dollar. Kuba importierte damals Güter (hauptsächlich Erdöl) für sechs Milliarden Dollar aus dem befreundeten Land, während die Insel eigene Produkte (hauptsächlich Medikamente) für 2,5 Milliarden Dollar in die bolivarische Republik exportierte. Nicht einberechnet sind hier die Dienstleistungen der damals rund 50.000 kubanischen Mediziner und Pflegekräften, die in Venezuela ihren Dienst taten und von denen heute noch immer die allermeisten im Einsatz sind.

Seit dem Rekordjahr 2012 hat sich der wirtschaftliche Austausch beider Länder schrittweise reduziert. Die schwersten Einbrüche gab es 2015 und 2016. Heute importiert Kuba nur noch für 1,58 Milliarden Dollar, während Waren für 642 Millionen Dollar nach Venezuela exportiert werden. Zwischen 2014 und 2016 ging der gesamte Warenumsatz um 70 Prozent zurück. Die Volksrepublik China konnte hingegen den Handelsumsatz mit Kuba ab 2014 verdoppeln und löste Venezuela vergangenes Jahr als wichtigster Handelspartner der sozialistischen Insel ab.

Ebenfalls zugelegt hat der Handel mit Argentinien und Angola, während sich der Warenaustausch zwischen Kuba und den USA seit 2012 fast halbiert hat. Damals handelten beide Länder noch Waren im Wert von rund einer halben Milliarde Dollar, 2016 waren es nurmehr 260 Millionen. Nach Spanien unterhält Kuba mit Kanada, Mexiko und Brasilien die wertmäßig größten Handelsbeziehungen.

Insgesamt ging der kubanische Außenhandel jedoch seit 2013 von gut 20 Milliarden auf 12,5 Milliarden Dollar im Jahr 2016 zurück und befindet sich damit in etwa auf dem Niveau von 2006. Zum Vergleich: Einen Tiefstand in der jüngeren Geschichte erreichte das kubanische Handelsvolumen ein Jahr nach der Auflösung der Sowjetunion mit lediglich 3,3 Milliarden Dollar. 2008 wurde mit 17,9 Milliarden Dollar erstmals der Höchststand aus den Zeiten vor der Sonderperiode übertrumpft. Der damalige Außenhandelsrekord lag bei 14 Milliarden Dollar im Jahr 1985.

Dabei betrifft die Statistik lediglich den Waren- und Güterhandel. Tourismus oder der Export von Dienstleistungen, heute die wichtigste Einnahmequelle des Landes, werden nicht dazu gezählt. Doch auch hier gab es laut Wirtschaftsminister Ricardo Cabrisas Einschränkungen. Während der Tourismus boomt und dieses Jahr 4,7 Millionen Touristen sowie Rekordeinnahmen von 2,7 Milliarden Dollar erwartet werden, ging der Export medizinischer Dienstleistungen seit 2014 um gut 29 Prozent zurück.

Der Handel mit Venezuela, vor allem der Import von Erdöl im Austausch gegen medizinische Dienstleistungen, ist in den letzten Jahren immer weiter zurückgegangen. Nachdem die Öllieferungen sich bis Ende 2016 um 40 Prozent reduziert hatten, gingen sie im ersten Halbjahr 2017 um weitere 13 Prozent zurück. Die Ausfälle wurden bisher durch Zukäufe aus Russland und Algerien ersetzt. Kuba sucht derzeit nach weiteren Handelspartnern, die Interesse an einer medizinischen Kooperation haben, unter anderem Angola, die arabischen Emirate und Tunesien sind derzeit im Gespräch mit Havanna.

Kubas Wirtschaftsminister Cabrisas erklärte bei der Vorstellung des Wirtschaftsreports auf der letzten Sommersitzung des Parlaments, dass das Bruttoinlandsprodukt im ersten Halbjahr planmäßig um 1,1 Prozent zulegen konnte, die Rezession von 0,9 Prozent im Jahr 2016 scheint damit überwunden. Dies war möglich aufgrund einer antizyklischen Ausgabenpolitik der Regierung sowie der guten Entwicklung des Tourismus-Sektors. Dennoch ist die Regierung derzeit knapp bei Kasse und musste bereits geplante Importe aufgrund Devisenmangels zurückstellen. Cabrisas warnte vor einem "angespannten" zweiten Halbjahr.