Dritte Verhandlung um globales Abkommen zu Wirtschaft und Menschenrechten in Genf

Sitzung bei UN-Menschenrechtsrat unter Leitung von Ecuador. Initiative 2014 gestartet. Menschen sollen Klagemöglichkeit gegen Unternehmen bekommen

chevron_ecuador_erdoel_texaco.jpg

Verseuchung durch Texaco/Chevron in Ecuador
Verseuchung durch Texaco/Chevron in Ecuador

Quito/Genf. In Genf findet von heute bis zum Freitag die dritte Verhandlungsrunde der Arbeitsgruppe zur Erarbeitung eines verbindlichen internationalen Abkommens für die Haftung von Unternehmen bei Menschenrechtsverletzungen statt. Dieses Vorhaben war im Juni 2014 auf Initiative von Südafrika und Ecuador aufgenommen worden. Motivation von Ecuador waren die erheblichen Umweltzerstörungen durch das US-Erdölunternehmen Texaco, das später von Chevron aufgekauft wurde. Ziel der Verhandlungen beim UN-Menschenrechtsrat ist, verbindliche Regeln für Unternehmen zu schaffen und den Geschädigten Klagemöglichkeiten zu eröffnen.

Die Außenministerin von Ecuador, María Fernanda Espinosa, stellt vor diesem Hintergrund am heutigen Montag den aktualisierten Vorschlag von Ecuador und Südafrika vor. Unterstützt wird der Text von Regierungen, Abgeordneten, Fachleuten und Organisationen der Zivilgesellschaft aus aller Welt.

Espinosa erklärte im Vorfeld, es sei notwendig, eine internationale Vereinbarung zu erarbeiten, die es ermöglicht, transnationale Unternehmen zur Verantwortung zu ziehen, wenn sie gegen Menschenrechte verstoßen. Dabei müsse ein internationales juristisches Vakuum gefüllt werden und dafür sei eine internationale Kooperation erforderlich. Vor allem sei es wichtig, so Espinosa, dass die Betroffenen ein Klagerecht auf Entschädigung bei Menschenrechtsverletzungen durch Unternehmen bekämen.

Beispiele für derartige Menschenrechtsverletzungen sind etwa die Vergiftung von 500.000 Menschen durch die Pestizidfabrik von Union Carbride im indischen Bhopal im Jahr 1984, der Einsturz des Fabrikgebäudes Rana Plaza 2013 in Bangladesch, bei dem 1.130 Arbeiterinnen und Arbeiter starben, oder auch die Verseuchung eines großes Gebietes in der Amazonasregion von Ecuador durch das Erdölunternehmen Chevron-Texaco. Verletzungen von Menschenrechten durch Kinder- oder sklavenähnliche Arbeit sollen ebenso geahndet werden können wie Umweltverschmutzungen.

Am Sonntag fand in Genf ein Treffen von Parlamentariern statt, die den Vorstoß von Ecuador und Südafrika unterstützen. In einer Erklärung hebt diese interparlamentarische Initiative hervor, dass die Erarbeitung des Vorschlags unter Beteiligung der Zivilgesellschaft stattgefunden hat.

Auch in Deutschland gibt es eine Allianz zur Unterstützung des sogenannten Binding-Treaty-Prozesses, die von über 30 Organisationen getragen wird. In einer Presserklärung des Bündnisses anlässlich der Tagung der Arbeitsgruppe bei der UNO in Genf heißt es unter anderem, es sei wichtig, dass die Einhaltung der Menschenrechte für Unternehmen Vorrang vor bestehenden Schiedsgerichten haben müssten, die in Freihandelsverträgen festgeschrieben sind.

Armin Paasch von katholischen Hilfswerk Misereor sieht in dem neuen Abkommen Chancen, um "die globale  Wirtschaftsordnung grundlegend zu verändern". Unternehmen sei es dann nicht mehr möglich, Regierungen vor sich herzutreiben und vor Schiedsgerichten auf Schadensersatz zu verklagen, wenn sie Konzerne daran hindern wollen, Grundgewässer zu verseuchen, die Luft zu  verschmutzen oder die Rechte von Indigenen zu missachten.

Ernst-Christoph Stolper vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sieht für einen Erfolg des Prozesses "die Mitarbeit Europas von zentraler Bedeutung". Der BUND trete dafür ein, "dass Deutschland als ökonomisch stärkstes Land der Europäischen Union für den Erfolg der Verhandlungen Verantwortung übernimmt".

Sarah Lincoln vom evangelischen Hilfswerk Brot für die Welt sagte: "Deutsche Unternehmen profitieren in ihren weltweiten Geschäften von niedrigen Umweltstandards und sklavenähnlichen Arbeitsbedingungen, immer wieder kommt es zu Katastrophen wie dem Einsturz der Rana-Plaza-Textilfabrik in  Bangladesch". Dies solle das geplante Abkommen ändern.

Die Bundesregierung war bisher kaum interessiert: Zu einer Verhandlungsrunde im Jahr 2016 entsandte sie nach Angaben von Teilnehmern eine Praktikantin ohne Verhandlungsbefugnisse. Das erste Treffen der Arbeitsgruppe unter Vorsitz von Ecuador fand 2015 statt.