EU-Parlament unterstützt Reform des Abtreibungsgesetzes in El Salvador

Haftstrafen wegen Fehlgeburten. Schutz für Mädchen gefordert. EU-Abgeordnete und Amnesty International fordern Anpassung an internationale Standards

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"Wir fordern die Reform des Artikel 133 JETZT": In El Salvador wird seit langem die Entkriminalisierung der Abtreibung gefordert
"Wir fordern die Reform des Artikel 133 JETZT": In El Salvador wird seit langem die Entkriminalisierung der Abtreibung gefordert

Brüssel/San Salvador. Am Montag haben im Europa-Parlament in Brüssel Frauen aus El Salvador und Nichtregierungsorganisationen über die Verletzung von sexuellen und reproduktiven Rechten in dem mittelamerikanischen Land berichtet. Die Konferenz wurde auf Initiative der Partei der Grünen und der Europäischen Freien Allianz mit Unterstützung der Heinrich-Böll-Stiftung durchgeführt. In einer Videokonferenz waren in El Salvador die Abgeordneten Lorena Peña und Johnny Wright Sol zugeschaltet.

Im Anschluss an die Konferenz wandten sich 35 Europa-Parlamentarier in einem Brief an die Abgeordneten des salvadorianischen Parlaments, das in den kommenden Tagen über eine Reform des Artikels 133 des Strafgesetzes abstimmen wird.

Neben den Gästen fordern auch Organisationen wie Amnesty International und das Center for Reproductive Rights die bedingungslose und sofortige Freilassung der 25 Frauen, die wegen angeblicher Abtreibung inhaftiert sind, und eine Reform des Abtreibungsgesetzes. Auch der Hochkommissar für Menschenrechte der Vereinten Nationen hat am 6. April in einem Brief an die Abgeordneten des salvadorianischen Parlamentes appelliert, das Abtreibungsgesetz in Übereinstimmung mit internationalen Standards zu bringen.

Die Kriminalisierung von Abtreibung in El Salvador verbietet es unter allen Umständen, das Leben eines ungeborenen Kindes zu gefährden, selbst wenn die Schwangere dabei Schaden nimmt oder stirbt. Das Strafrecht sieht drastische Strafen für alle vor, die einen Abbruch vornehmen lassen oder durchführen. Ärzte sind gesetzlich verpflichtet, Frauen beim geringsten Anzeichen für eine mögliche Abtreibung bei der Polizei anzuzeigen. Selbst zwölfjährige Mädchen erhalten keinen Schwangerschaftsabbruch, auch wenn eine Vergewaltigung die Schwangerschaft herbeigeführt hat. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation wurden im Jahr 2015 in El Salvador circa 1.500 Mädchen zwischen zehn und 14 Jahren aufgrund von sexuellem Missbrauch schwanger.

25 Frauen sind gegenwärtig in Haft, weil sie in einem späten Stadium der Schwangerschaft Fehl- oder Totgeburten erlitten haben und die Justiz ihnen unterstellt, ihre Kinder "ermordet" zu haben. 23 der Frauen sind zu bis zu 40 Jahren Haft verurteilt. Im Februar 2018 wurde Teodora del Carmen Vásquez nach zehn Jahren freigelassen – sie war wegen einer Totgeburt verurteilt. María Teresa Rivera wurde im Jahr 2016 freigelassen und hat aus Furcht vor einer Revision durch die Staatsanwaltschaft das Land mit ihrem Sohn verlassen. Sie lebt heute in Schweden als erste Frau, die aufgrund von angeblicher Abtreibung politisches Asyl erhalten hat. Beide Frauen setzen sich nun für die Freilassung der 25 Leidensgenossinnen ein, die noch immer inhaftiert sind.

Die Gynäkologin Victoria Carolina Ramírez Estrada berichtete, dass Ärzte per Gesetz selbst lebensrettende medizinische Behandlungen zum Beispiel bei Krebs verweigern müssen, wenn dadurch der Fötus geschädigt werden könnte. Auch bei Eileiterschwangerschaften dürfe sie nicht eingreifen. "Warum sollen zwei Menschen sterben, wenn ein Mensch gerettet werden kann?" fragt die Ärztin.

Die salvadorianische Abgeordnete Lorena Peña erläuterte ihren Reformvorschlag, der eine Entkriminalisierung im Fall von Vergewaltigung oder Menschenhandel, bei schweren gesundheitlichen Schäden des Fötus und bei Gefahr für Gesundheit und Leben der werdenden Mutter vorsieht. Der Abgeordnete Johnny Wright Sol ist der Ansicht, dass dieser Vorschlag noch nicht konsensfähig sei und hat daher einen Kompromissvorschlag eingebracht, der eine Entkriminalisierung in einigen Fällen vorsieht.

Gerade jetzt besteht die Möglichkeit, dass sich das salvadorianische Parlament für eine Reform des Artikels 133 des Strafgesetzbuchs entscheidet, denn am 30. April endet die jetzige Legislaturperiode. Im neuen Parlament, das am 1. Mai antritt, sind deutlich mehr konservative Abgeordnete vertreten.

In El Salvador demonstrierten am 11. April hunderte Frauen im und vor dem Parlament für eine Gesetzesreform.