Nicaragua / Politik

Friedensbekundungen nach Gewalt in Nicaragua

Nach heftigen Auseinandersetzungen suchen Regierungsanhänger und Präsident Ortega den Dialog. Auch katholische Kirche für friedliche Lösung

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Neben der katholischen Kirche hatten zu Beginn der Woche auch Anhänger von Präsident Ortega zum Friedensdialog aufgerufen
Neben der katholischen Kirche hatten zu Beginn der Woche auch Anhänger von Präsident Ortega zum Friedensdialog aufgerufen

Managua. In der Hauptstadt Nicaraguas sind in den vergangenen Tagen mehrfach hunderte Menschen auf die Straße gegangen, um friedlich gegen die gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstrierenden der letzten Wochen zu protestieren. Aufgerufen zu Friedensdemos hatte unter anderem die katholische Kirche. Aber auch regierungsnahe Gruppen demonstrierten erneut für den "Frieden für Nicaragua"

Es sind andere Bilder als noch eine Woche zuvor. Zahlreiche Menschen zogen am vergangenen Samstag in friedlichem Protest durch die Straßen Managuas. Kaum Polizeipräsenz, kein Tränengas, keine Gummigeschosse, keine Steine und vor allem: keine weiteren Toten. Stattdessen wehen neben den vielen blauweißen Nationalflaggen auch hunderte Fahnen in Gelb und Weiß, den Farben der katholischen Kirche.

Diese hatte sich durch die Bischofskonferenz als Vermittler in dem Konflikt angeboten und nun zu großen Friedensmärschen eingeladen. Das Nachrichtenportal Nodal spricht von Tausenden die dem Aufruf gefolgt sind, über hundert Gemeinden beteiligen sich. Nonnen und Bischöfe gehen zwischen den Menschen, es wird gebetet und gesungen. Und doch sind die Ereignisse der vorherigen Woche präsent. Schilder mit Gesichtern und Namen der in den Ausschreitungen Getöteten werden hochgehalten. In Sprechchören heißt es etwa: "Sie waren keine Verbrecher, sie waren Studenten".

Es waren die wohl gewalttätigsten Auseinandersetzungen in Nicaragua unter der sandinistischen Regierung von Präsident Daniel Ortega. Auslöser war die Ankündigung Ortegas einer neuen Reform der Sozialversicherung. Diese sollte ab Juli die von Arbeitnehmern und Unternehmen zu zahlenden Beiträge in die Rentenkasse erhöhen. Gleichzeitig sollte die Rente um fünf Prozent gekürzt werden. Tausende Menschen gingen daraufhin im ganzen Land auf die Straßen, neben Rentnern auch viele junge Menschen und Studierende. Die Regierung antwortete mit harten Polizeieinsätzen.

Über mehrere Tage lieferten sich vor allem junge Demonstrierende Straßenschlachten mit Spezialeinheiten der Polizei. Laut der nicaraguanischen Nichtregierungsorganisation "Ständige Kommission für Menschenrechte" starben dabei 63 Menschen, nach Regierungsangaben waren es 25. Unter den Toten waren auch zwei Polizisten und mehrere Regierungsanhänger. Hunderte Menschen wurden verletzt. Oppositionelle Medien klagen außerdem über Einschränkungen der Pressefreiheit. So sollen Fernsehsender, die über die Proteste berichtet hatten, zeitweise nicht mehr empfangbar gewesen sein.

Wenige Tage nach Beginn der Ausschreitungen erklärte Präsident Ortega dann im Beisein von nicaraguanischen Unternehmern sowie ausländischen Investoren, dass die Leitung des Institutes für soziale Sicherheit (INSS) den Beschluss zur Rentenreform aufgehoben habe. Auch forderte der Präsident einen Dialog – statt der Gewalt. Für seine Kritiker steht jedoch fest: Eine andere Wahl hatte er nach den vielen Opfern der Ausschreitungen nicht mehr.

Nun versuchen sich die Regierung Ortega, seine Kritiker sowie die katholische Kirche in Friedensaufrufen zu überbieten. Ortega selbst hielt eine Ansprache vor der Presse, in der er Hass und Gewalt unter Brüdern und Schwestern verurteilte. Der Präsident wolle den Dialog, heißt es von Seiten seiner Unterstützer.

Beim Friedensmarsch der katholischen Kirche sahen jedoch einige Teilnehmende die Rolle der Regierung deutlich kritisch. Schließlich waren die Ausschreitungen auch Resultat der gewaltsamen Versuche seitens der Regierung, ihrer Anhänger und der Polizei gewesen, die Demonstrationen gegen die Sozialreform aufzulösen.