Uruguay: Bilanz nach fünf Jahren legalem Schwangerschaftsabbruch

Müttersterblichkeit in den vergangen Jahren rückläufig. Positive Bilanz der Legalisierung. Uruguay könnte als Beispiel für andere Länder der Region dienen

legale_abtreibung_uruguay.jpg

In Uruguay ist der Schangerschaftsabbruch seit 2012 legalisiert
In Uruguay ist der Schangerschaftsabbruch seit 2012 legalisiert

Montevideo. Laut einer aktuellen Studie des Guttmacher Instituts hat Lateinamerika die höchste Anzahl an Abtreibungen weltweit. 44 von 1.000 Frauen lassen einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen. In nur wenigen Ländern der Region ist dies legal möglich. Als Uruguay 2012 die Abtreibung legalisierte, war das ein bahnbrechender Schritt. Einzig Kuba und einige Gebiete in Mexiko hatten bis zu diesem Zeitpunkt gesetzliche Vorgaben verabschiedet, um Frauen das Recht zu gewähren, kein Kind austragen zu müssen und zu gewährleisten, dass der Schwangerschaftsabbruch sie nicht in Lebensgefahr bringt.

In den meisten Ländern besteht die Möglichkeit einer legalen Abtreibung nur im Fall einer Vergewaltigung, wenn für die Frau Lebensgefahr besteht oder der Fötus eine schwere Form der Behinderung hat. In El Salvador, Nicaragua, Honduras, Haiti, Surinam sowie der Dominikanischen Republik sind Abtreibungen jedoch selbst dann nicht erlaubt.

Auch in Uruguay hat es gedauert, bis das Gesetz verabschiedet wurde. Schon 1978 gab es eine Initiative, Abtreibungen zu erlauben. Der letzte Versuch scheiterte 2008, als der damalige Präsident des Mitte-Links Bündnisses Frente Amplio, Tabaré Vázquez, sein Veto einlegte. Unter Präsident José Pepe Mujica passierte das Gesetz 2012 dann das Parlament. Damit wurde das Gesetz von 1938 abgelöst, das bis zu vier Jahre Haft für die Frauen vorsah.

Die Lehren, die Uruguay aus seiner bisherigen Praxis zieht, sind positiv und dienen anderen Ländern als Vorbild, Abtreibung ebenfalls zu legalisieren. Aktuell befasst sich das argentinische Parlament mit einer Gesetzesvorlage, die dem uruguayischen Beispiel folgt.

In Uruguay gibt es klare Regeln, damit eine Abtreibung innerhalb von zwölf Wochen als legal gilt. Die betroffene Frau führt ein Gespräch mit einem interdisziplinären Team von drei Fachleuten, das sie über die Risiken, Alternativen und Unterstützungsprogramme während der Mutterschaft informiert. Erst nach einer Bedenkfrist von fünf Tagen darf sie sich dem medizinischen Eingriff unterziehen.

Das Gesetz ist ein Kompromiss. Diejenigen, die sich für das Recht auf Abtreibung einsetzen, kritisieren, dass Schwangere nicht frei entscheiden dürften, sondern dem Einfluss und möglicherweise Druck von Experten ausgesetzt würden. Letztendlich entscheidet aber nicht das Gremium, sondern allein die Frau. Kritisiert wird auch, dass Ärzte, die einen Abbruch aus Gewissensgründen ablehnen, nicht verpflichtet sind, die Patientin an einen anderen Arzt zu überweisen.

Trotz dieser Mängel ist die Entwicklung bei den Abtreibungen und der Müttersterblichkeit in den vergangen Jahren durchweg rückläufig. Laut einem aktuellen Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist die Sterblichkeitsrate in Uruguay mit vierzehn Todesfällen pro 100.000 Lebendgeburten eine der niedrigsten in ganz Lateinamerika und der Karibik.

Der Gynäkologe Leonel Briozzo, Staatssekretär im Gesundheitsministerium, als das Gesetz zum Schwangerschaftsabbruch verabschiedet wurde, führt aus: "Die Entkriminalisierung der Abtreibung war die folgerichtige Konsequenz eines Prozesses, der bereits seit zehn Jahren praktiziert wurde: Das Modell zur Risiko- und Schadensminimierung, das es Ärzten und Gesundheitsteams selbst bei missbräuchlicher Abtreibung ermöglichte, Frauen in ungewollten Schwangerschaften vertraulich zu beraten." Mit diesem Modell wurde die Müttersterblichkeit von 2001 bis 2012 bereits stark reduziert und zudem die Verhütung verbessert.

Angesichts der Lehren, die Argentinien aus den Erfahrungen Uruguays ziehen kann, fügt Briozzo hinzu, das für ihn Veränderung ein ethischer Imperativ sei: "Die Entkriminalisierung allein wird Abtreibungen nicht verhindern - wer abtreiben will, tut es weiterhin - aber das Risiko für Frauen und Kinder wird minimiert."