Brasilien / Politik

Brasilien: Verhandlung über Freilassung von Lula abgesagt

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Der frühere Präsident von Brasilien, Luiz Inácio Lula da Silva, bleibt in Haft
Der frühere Präsident von Brasilien, Luiz Inácio Lula da Silva, bleibt in Haft

Brasília. Die ursprünglich für den gestrigen Dienstag angesetzte Verhandlung über die Freilassung des früheren Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva vor dem Obersten Bundesgericht (STF) in Brasilien ist kurzfristig abgesagt worden. Dies hatte der zuständige Richter der zweiten Kammer des STF, Edson Fachin, am vergangenen Freitag beschlossen. Der Entscheidung war die Ablehnung von Rechtsmitteln Lulas vor dem Regionalgericht TRF-4 vorausgegangen.

Die stellvertretende Vorsitzende dieses Regionalgerichtes, Maria de Fátima Freitas Labarrère, hatte am Freitag in diesem vom laufenden Verfahren am STF unabhängigen Antrag bestimmt, dass jener nicht vor dem Obersten Bundesgericht, wohl aber vor dem Obersten Gerichtshof (STJ) verhandelt werden könne. Dasselbe Gericht hatte im Verfahren gegen Lula Ende Januar in zweiter Instanz das Urteil bestätigt und das Strafmaß auf zwölf Jahre und einen Monat erhöht. Da Silva sitzt seit Anfang April wegen Korruption und Geldwäsche im Kontext des Korruptionsskandals um den Erdölkonzern Petrobras im Gefängnis.

Fachin sah in dem Beschluss Fátimas eine grundlegende "Veränderung des prozessualen Rahmens" und widerrief den Termin der für gestern anberaumten Verhandlung. Der Anwalt Lulas, José Roberto Batochio, nannte die Entscheidung absolut überraschend. "Die Behauptung [Fachins], dass die Ablehnung von Rechtsmitteln den [laufenden] Antrag verletze, trifft keinesfalls zu". Am Montag legte die Verteidigung da Silvas Widerspruch gegen die Entscheidung des Regionalgerichts ein, um zu erreichen, dass Fachin die Verhandlung vor dem STF doch zulässt.

Für Überraschung sorgte auch die Eile, mit der Fachin auf den Beschluss des anderen Gerichtes reagiert hatte. Knapp anderthalb Stunden lagen zwischen dem Urteil des Regionalgerichts und seinem Beschluss. Kommentatoren sahen darin eine außergewöhnlich schnelle Bewertung – zuungunsten des Ex-Präsidenten. Anwalt Batochio nannte die Schnelligkeit "erschreckend, einzigartig".

Mit der Absage der Verhandlung gibt es vorerst keine Möglichkeit, dass Lula aus der Haft entlassen wird, bis alle Rechtsmittel gegen seine Verurteilung eingelegt sind. Ebenso wird seine erneute Kandidatur für die Präsidentschaftswahlen am 7. Oktober dieses Jahres immer unwahrscheinlicher.

An der Neutralität der Entscheidungen des Bundesrichters Fachin in Bezug auf Lula herrschen seit März erhebliche Zweifel. Damals hatte Fachin öffentlich gemacht, dass er und seine Familie bedroht würden. Das war kurz nachdem er die Zuständigkeit über das Verfahren von Lula übernommen hatte, um über dessen Antrag auf Aussetzung der Haft im Falle einer Verurteilung zu urteilen. Konkrete Hinweise, von wem die Bedrohungen kamen, gab er nicht. Im Vorfeld der damaligen Verhandlung hatte sich Fachin ablehnend über die Inhaftierung da Silvas geäußert. Im Endeffekt stimmte er gegen die Aussetzung der Haft des früheren Präsidenten, was zu dessen Verhaftung führte. Seine Entscheidung vom Freitag über die Einstellung des Prozesses setzen Medien abermals mit den Bedrohungen gegen ihn in Verbindung.