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Venezuela reagiert harsch auf Anerkennung von Guaidó durch EU-Staaten

Diplomatische Beziehungen zu Ländern, die Guaidó anerkennen, werden "geprüft". Bolivien plädiert in Kontaktgruppe mit der EU für Dialog und Nichteinmischung

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Präsident Nicolás Maduro kritisierte erneut die Einmischung zahlreicher Länder in die inneren Angelegenheiten Venezuelas
Präsident Nicolás Maduro kritisierte erneut die Einmischung zahlreicher Länder in die inneren Angelegenheiten Venezuelas

Caracas. Venezuelas Regierung hat mit deutlichen Worten auf die offizielle Anerkennung von Juan Guaidó als "Interimspräsident" durch mehrere Staaten der Europäischen Union reagiert. Außenminister Jorge Arreaza kritisierte die Haltung der betreffenden EU-Länder als "schändlich". Die Staaten unterstützten US-Präsident Donald Trump "beim offensichtlichsten und schamlosesten Putschversuch, den je eine US-Regierung in Lateinamerika durchgeführt hat".

Arreaza gab bekannt, dass Venezuela seine diplomatischen Beziehungen zu jenen Ländern "überprüfen" werde, die Guaidó anerkennen. Die Entscheidung der EU-Staaten "verletzt offen die in diplomatischen Beziehungen gängigen Prinzipien und Praktiken" und stelle "einen Präzedenzfall dar, der für das friedliche Zusammenleben der Nationen gefährlich ist", hieß es in einer Stellungnahme des Außenministeriums.

Am Sonntag hatten zahlreiche EU-Staaten den selbsternannten Interimspräsidenten anerkannt, darunter Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Spanien, Portugal, die Niederlande und Österreich. Eine gemeinsame Erklärung der Europäischen Union wurde offenbar durch die Regierungen Italiens und Griechenlands verhindert.

Präsident Nicolás Maduro kritisierte daraufhin erneut die Einmischung zahlreicher Länder in die inneren Angelegenheiten des Landes: "Wenn sie Venezuela helfen wollen, dann muss die Blockade aufhören. Gebt die Bankkonten frei, und Venezuela wird auf seinem eigenen Weg vorankommen, wie es dies in der Geschichte immer wieder getan hat", sagte der Staatschef mit Blick auf die Wirtschaftssanktionen gegen das Land. Er forderte die "freien und unabhängigen Regierungen der Welt" auf, die Drohungen der USA zurückzuweisen und damit das Internationale Recht sowie die Charta der Vereinten Nationen zu achten. Bezüglich der "humanitären Hilfe", welche die US-Regierung Guaidó zugesagt hat, erklärte Maduro, der Imperialismus habe nie Hilfe geleistet sondern "Bomben gebracht", um Länder wie Afghanistan, Irak, Libyen, Syrien zu zerstören und Tod zu verursachen. Das Gerede von "humanitärer Hilfe" sei "nur eine Show".

Mehrere EU-Staaten hatten Maduro ein Ultimatum gestellt, Neuwahlen anzuberaumen. Mit dem Verstreichen dieser Frist hatte auch die deutsche Bundesregierung am Wochenende ihre Entscheidung begründet, den Putschisten als Interimspräsidenten anzuerkennen. Maduro kommentierte, Venezuela habe in den letzten 20 Jahren 25 Wahlen durchgeführt. Die Präsidentschaftswahlen im Mai 2018 seien ebenfalls auf Drängen der Opposition vorgezogen worden. Das Problem bestünde nicht im Mangel an Wahlen, sondern darin, dass die Opposition nicht anerkenne, keine Mehrheit zustande zu bringen. Die kommenden Wahlen in Venezuela sind die Parlamentswahlen, die für 2020 angesetzt sind. Maduro hat bereits vorgeschlagen, sie vorzuziehen.

Die USA hatten die Zwangsmaßnahmen vergangene Woche erneut verschärft und Vermögenswerte des staatlichen Ölkonzerns PDVSA im Wert von mehreren Milliarden US-Dollar blockiert. Die Bank von England verweigert derweil seit längerer Zeit die Rückführung oder Auszahlung von Goldeinlagen der venezolanischen Zentralbank.

Für Donnerstag ist ein erstes Treffen der "Internationalen Kontaktgruppe für Venezuela" in Uruguays Hauptstadt Montevideo vorgesehen. Die am 31. Januar gebildete Gruppe solle "dazu beitragen, die Bedingungen für einen politischen und friedlichen Prozess einzuleiten, der es den Venezolanern ermöglicht, ihre eigene Zukunft zu bestimmen, indem freie, transparente und glaubwürdige Wahlen im Einklang mit der Verfassung des Landes durchgeführt werden", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von Uruguays Präsident Tabaré Vázquez und der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherin. Teilnehmer des Treffens auf Ministerebene sind Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Niederlande, Portugal, Spanien, Schweden, Bolivien, Costa Rica, Ecuador und Uruguay. Auch eine Delegation aus Mexiko unter Leitung von Außenminister Marcelo Ebrard wird anwesend sein. Dies teilte die mexikanische Regierung am Dienstag mit.

In dem offiziellen EU-Dokument wird einerseits eine "friedliche und demokratische Lösung der gegenwärtigen Krise" angemahnt, andererseits das "Abhalten erneuter Wahlen" als Ziel der Gespräche genannt. Wie sich dies und die Anerkennung des nicht gewählten Oppositionsführers Guaidó durch die meisten EU-Staaten auf die Vermittlungsfähigkeit der Kontaktgruppe auswirken wird, ist derzeit noch unklar.

Boliviens Regierung wird nach Angaben von Außenminister Diego Pary bei dem Treffen am Donnerstag drei Vorschläge einbringen, um einen Ausweg aus der Krise in Venezuela zu finden: Dialog, "Null" Einmischung und eine offene Agenda ohne Vorbedingungen. Der Präsident der Abgeordnetenkammer Boliviens, Víctor Borda, erläuterte: "Was wir fordern ist Respekt vor dem Willen des Souveräns, des venezolanischen Volkes und dass es keine bewaffnete Einmischung gegen seine Souveränität gibt. Verfassungsmäßig und rechtlich gibt es einen an den Wahlurnen gewählten Präsidenten." Es sei die Bevölkerung Venezuelas, die diesen Konflikt im Dialog lösen könne. Man dürfe keine internationale Intervention, Militarisierung oder Einmischung in die Souveränität zulassen. 

Präsident Evo Morales hatte zuvor seinen US-amerikanischen Amtskollege erneut scharf kritisiert: Indem er ein Treffen mit Maduro verweigert und wiederholt hatte, dass militärische Aktionen gegen Venezuela eine Option seien, habe Trump offen zugegeben, "der Hauptverantwortliche des Putsches zu sein", schrieb er über den Kurznachrichtendienst Twitter. "Freie Regierungen und Völker der Welt fordern Dialog und Frieden für Venezuela", so Morales.

Am 6. Februar findet in Montevideo zudem eine Zusammenkunft von Regierungsvertretern Mexikos, Uruguays und der Gemeinschaft Karibischer Staaten (Caricom) statt. Ziel ist nach Angaben der mexikanischen Regierung, "einen fruchtbaren Dialog in der internationalen Gemeinschaft aufzubauen, der dazu beitragen wird, einen politischen Weg aus der Polarisierung" in Venezuela zu finden. Mexiko werde seine Überzeugung vertreten, dass Dialog und Diplomatie die beste Alternative sind, um Konflikte zu vermeiden, die Menschenrechte zu schützen und den demokratischen Frieden in Venezuela aufzubauen, heißt es in einer offiziellen Mitteilung.

Unterdessen "alarmierte" der selbsternannte Interimspräsident Guaidó die Medien, die Streitkräfte Venezuelas planten, die "humanitäre Hilfe zu rauben und zu entführen" und die Hilfsgüter über die von der Regierung und den kommunalen Räten organisierten lokalen Versorgungskomitees "Haus für Haus" an die Bevölkerung zu verteilen. Er habe entsprechende Informationen aus dem engen Umkreis des Oberkommandos, dass nicht mehr geprüft werde, die Hilfsgüter ins Land zu lassen oder nicht, sondern "wie sie uns geraubt werden", sagte er bei einer Pressekonferenz. Er werde zu einer Mobilisierung aufrufen, um die ihm von den USA zugesagte "humanitäre Hilfe zu schützen", so Guaidó.