San José. Gegen Costa Ricas Ex-Präsidenten Óscar Arias Sánchez wird in einem weiteren Missbrauchsvorwurf ermittelt. Nachdem die Psychiaterin und Anti-Nuklear-Aktivistin Alexandra Arce von Herold den 78-jährigen Friedensnobelpreisträger beschuldigt hatte, sie im Jahr 2014 sexuell belästigt zu haben, reichte nun eine zweite Frau eine Klage bei der Staatsanwaltschaft ein.
Yazmin Morales, ehemalige Miss Costa Rica, wirft Arias Sánchez vor, sie 2015 in seinem privaten Anwesen sexuell belästigt zu haben. Die Frau habe zuvor vergebens versucht, den Vorfall zur Anzeige zu bringen. Drei Anwälte rieten ihr ab, den Ex-Präsidenten anzuzeigen, der als einer der einflussreichsten Männer des Landes gilt.
Morales habe sich nun durch Herolds Strafanzeige bestärkt gefühlt, an die Öffentlichkeit zu gehen. Erst nach zwei Anläufen fand sie einen Anwalt, der sich bereit erklärte, die Anzeige zu erstatten.
Zunächst stritt Sánchez jegliche Vorwürfe ab und ließ durch seinen Anwalt verlauten, er hätte noch nie den Willen einer Frau verletzt und sich in seiner Karriere stets für die Geschlechtergleichstellung eingesetzt. Arias Sánchez erhielt 1987 den Friedensnobelpreis für seine Bemühungen, die Bürgerkriege in Zentralamerika zu beenden. 1986 bis 1990 und 2006 bis 2010 war Sánchez Präsident von Costa Rica für die sozialdemokratische Partei PLN.
Mittlerweile gab er bekannt, dass er von seinen heutigen politischen Ämtern zurück treten werde, solange die Ermittlungen gegen ihn laufen. Insgesamt beschuldigen bereits fünf Frauen Sánchez wegen sexueller Nötigung. Bereits 1986 wurde die heutige Journalistin Eleonara Antillón, die als Kommunikationsberaterin für Sánchez' Präsidentschaftskampagne gearbeitet hatte, in dessen Büro von ihm belästigt. Sie fühlte sich erst bestärkt damit an die Öffentlichkeit zu gehen, nachdem der erste Missbrauchsvorwurf vergangene Woche bekannt geworden war. Emma Daly, die heutige Mediendirektorin von Human Rights Watch, warf dem Ex-Präsidenten in einer Veröffentlichung der Zeitung La Nación kurz danach ebenfalls vor, sie während eines Treffens 1998 angefasst zu haben.
Wie die Aktivistin von Herold gegenüber der New York Times erklärte, hatte auch sie zunächst Angst, Anzeige gegen einen so mächtigen Mann zu erstatten. Erst die #MeToo-Bewegung habe sie darin bestärkt, die Missbrauchsvorwürfe publik zu machen.
Währenddessen gingen hunderte Frauen vergangenen Freitag in der Hauptstadt San José auf die Straße. Unter dem Motto "Yo te creo" (Ich glaube dir) solidarisierten sie sich mit den Missbrauchsopfern und forderten eine lückenlose Aufklärung der Anschuldigungen. "Wir sind hier, um zu zeigen, dass wir den Missbrauchsopfern glauben, dass sexuelle Gewalt eine Realität in Costa Rica ist und dass nicht das Image des Landes in Gefahr ist, sondern unser Leben", sagte Ana Maria Rodriguez, Sprecherin der Bewegung für die Legalisierung von Abtreibungen in Costa Rica.