Guatemala / Politik

Guatemala wählt heute

Mehrere Kandidaten ausgeschlossen. Umfragen ergeben kein klares Bild über Favoriten. Neue Linkspartei erreicht wachsenden Zuspruch

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Die Präsidentschaftskandidatin der "Bewegung zur Befreiung der Völker", Thelma Cabrera
Die Präsidentschaftskandidatin der "Bewegung zur Befreiung der Völker", Thelma Cabrera

Guatemala-Stadt. Neben dem Amt des Staats- und Vizepräsidenten sind die Wähler Guatemalas am Sonntag aufgerufen, die Abgeordneten des Nationalkongresses, Abgeordnete für das zentralamerikanische Parlament sowie Bürgermeisterämter und lokale Verwaltungen neu zu bestimmen. Wahlberechtigt sind 8.150.121 Personen.

Einen klaren Favoriten für die Präsidentschaft gibt es laut aktuellen Umfragen nicht, unter anderem auch, weil von den zunächst 24 Kandidaten vier vom Verfassungsgericht ausgeschlossen worden sind und einer in den USA wegen des Verdachts des Drogenhandel verhaftet wurde.

Zury Ríos, Tochter von Ex-Diktator Efraín Ríos Mont, die in Umfragen auf dem zweiten Platz lag, wurde die Teilnahme verboten. Das Verfassungsgericht hatte die entsprechende Entscheidung der Wahlbehörde bestätigt und berief sich auf Artikel 186 der Verfassung, der zur "Aufrechterhaltung der demokratischen Ordnung" in dem früheren Bürgerkriegsland dienen soll. Er verbietet es Putschisten oder Anführern einer bewaffneten Revolution, die Präsidentschaft oder Vizepräsidentschaft des Landes anzustreben. Auch Angehörige bis zum vierten Verwandschaftsgrad werden ausdrücklich davon ausgeschlossen.

Die frühere Generalstaatsanwältin Thelma Aldana, die als engagierte Kämpferin gegen Korruption auch international bekannt ist, wurde ebenfalls ausgeschlossen. Ihr wird nun selbst Korruption zur Last gelegt. Sie weist die Vorwürfe jedoch zurück. Zu den Hauptfinanziers von Aldanas Partei gehört eine der reichsten Unternehmerfamilien des Landes, Bosch Gutierrez. Zugleich gehört sie zu dem Teil der Oligarchie, der einige Reformen im Justizwesen durchsetzen und die Korruption bekämpfen möchte. Dafür hatte sie im Vorfeld auch die Unterstützung mehrerer linker Kräfte erhalten. Heftige Kritik aber auch Zustimmung erntete Aldana, als sie nach ihrem Ausschluss gegenüber Medienvertretern die Kandidatur von Thelma Cabrera begrüßte, die von der linksgerichteten "Bewegung für die Befreiung der Völker" (Movimiento para la Liberación de los Pueblos, MLP) aufgestellt wird.

Sandra Torres von der Partei "Einheit der nationalen Hoffnung" (Unidad Nacional de la Esperanza, UNE), die sich selbst als Mitte-Links bezeichnet, kandidiert bereits zum vierten Mal. Sie vertritt ein strikt konservatives Familienbild, ist in zahlreiche Korruptionsskandale verwickelt und steht für das politisch inhaltsleere Machtstreben vieler Politiker des Landes. Laut den jüngsten Umfragen liegt sie mit rund 21 Prozent auf dem ersten Platz.

Aber auch ein Wahlsieg der äußersten Rechten, in Person von Alejandro Eduardo Giammattei, scheint möglich. Er tritt ebenfalls zum vierten Mal an, jedes Mal für eine andere Partei. Meinungsforscher sehen ihn mit aktuell zwölf Prozent auf dem zweiten Platz.

Die erst 2018 gegründete linke MLP mit ihrer Kandidatin Cabrera wird mit 8,5 Prozent auf dem dritten Platz gelistet. Wie groß die Unterstützung für die neue Partei mittlerweile ist, wurde auch am vergangenen Samstag deutlich. Bei der Abschlusskundgebung in Guatemala-Stadt versammelten sich tausende Anhänger. Die Partei, die aus dem Komitee für bäuerliche Entwicklung (Comité de Desarrollo Campesino, Codeca) hervorgegangen ist, sieht sich in erster Linie als Instrument der sozialen Bewegungen. Sie verfolgt das Ziel, die privatisierte Daseinsvorsorge und die Energieversorgung wieder zu vergesellschaften. Das Land soll grundlegend demokratisiert werden, dazu soll eine verfassungsgebende Versammlung einberufen werden. Der Schutz der natürlichen Ressourcen und die Verteidigung ihrer Territorien sind Anliegen, die der überwiegend aus Angehörigen der indigenen Bevölkerungsmehrheit bestehenden Partei besonders wichtig sind. Mit ihrem Programm ist es der MLP gelungen, die Linke in Guatemala wieder als Alternative zur Oligarchie ins Gespräch zu bringen.

Die Bewegungspartei ist allerdings stark von Repression betroffen: Neun leitende MLP-Mitglieder wurden in den vergangenen zwölf Monaten ermordet, zwei von ihnen unmittelbar nach ihrer offiziellen Registrierung als Kandidaten. Im vergangenen Jahr hatte Präsident Jimmy Morales Codeca als "inneren Feind Nummer 1" bezeichnet.