Brasilia. Seit mehreren Wochen hat die Amazonasregion mit Waldbränden zu kämpfen. Besonders Brasilien ist von der Katastrophe betroffen. Präsident Jair Bosonaro gerät zunehmend in Kritik – und weist die Schuld Nichtregierungsorganisationen zu.
Die Brände im brasilianischen Amazonas-Regenwald nehmen ein dramatisches Ausmaß an: Seit Beginn dieses Jahres gab es bis zum 19. August bereits 72.843 Brandherde. Im Vergleichsjahr 2018 waren es in demselben Zeitraum lediglich 39.759 Fälle, heißt es vom brasilianischen Forschungsinstitut INPE. Experten zufolge verschärft sich das Problem vor allem durch die voranschreitende Rodung im Amazonasgebiet, die sich nach Angaben des INPE im Juli im Vergleich zum gleichen Monat 2018 vervierfacht hat.
Der ultrarechte Bolsonaro steht seit Amtsantritt Anfang des Jahres wegen seiner Umweltpolitik schwer in internationaler Kritik. In weiten Teilen des Landes holzen Landwirte und Viehzüchter den Regenwald zunehmend ab, um neue Anbau- und Nutzflächen zu erschließen.
Die voranschreitende Zerstörung des Regenwalds durch die anhaltenden Brände steht seit dieser Woche auch international auf der Agenda. Die brasilianische Regierung weist die Schuld von sich und kritisierte zunächst die Einmischung Deutschlands und Norwegens. Als Vertreter beider Regierungen ankündigten, die Förderung von Umweltschutzgebieten einzustellen, entgegnete Bolsonaro, Deutschland solle sich mit dem Geld besser um die Aufforstung der eigenen Wälder kümmern. Norwegen warf er vor, Wale zu jagen. Auf Twitter postete er zur Untermauerung seiner Vorwürfe ein Video, von dem sich später herausstellte, dass es den Grindwalfang vor den Färöer-Inseln zeigt, die zu Dänemark gehören.
Heftige Kritik kommt auch von den Umweltorganisationen. Christian Poirier, Vertreter der Nichtregierungsorganisation (NGO) Amazon Watch, nannte die Brände eine "internationale Tragödie". Die Katastrophe stehe im "direkten Zusammenhang mit der umweltfeindlichen Rhetorik von Präsident Bolsonaro, die fälschlicherweise den Waldschutz und die Menschenrechte als Hindernisse für das Wirtschaftswachstum Brasiliens" darstelle. Dies nutze eine Vielzahl der Landwirte und Viehzüchter "als eine Lizenz, Brandstiftung zu begehen". Sie stützen sich dabei auf die allgemeine Straffreiheit und dehnten ihre Aktivitäten aggressiv auf den Regenwald aus. Bolsonaro warf den NGOs daraufhin vor, die Öffentlichkeit gegen ihn aufbringen zu wollen und einen "Krieg gegen den Staat" zu führen. Es fehle ihnen an Geld, so die Vermutung Bolsonaros. Der großflächige Brand sichere ihnen ihre Legitimierung und neue Geldgeber. Er stellte gar die Vermutung auf, sie hätten die Brände selbst gelegt. Beweise dafür habe er jedoch nicht.
Die französische Regierung von Präsident Emmanuel Macron nannte die Situation in Brasilien eine "internationale Krise" und kündigte an, das Thema auf dem Gipfeltreffen der G7 zu diskutieren. Während Bolsonaro von kolonialem Gehabe sprach, sicherten weitere G7-Länder Frankreich ihre Unterstützung zu. Macron hinterfragt zudem das Handelsabkommen zwischen der EU und der südamerikanischen Wirtschaftsunion Mercosur.
Die Kritik an Bolsonaro wurde auch von der Jugendbewegung Fridays for Future aufgegriffen. Weltweit sprachen Demonstranten der Amazonas-Region Unterstützung zu. Unter dem Hashtag #PrayforAmazonia wird der brasilianische Präsident zudem massiv von NGOs, Politikern und Privatpersonen kritisiert.
Die Waldbrände hatten Ende Juli im brasilianischen Bundesstaat Rondonia begonnen. Die Menschen in der Region haben mit gesundheitlichen Folgen zu kämpfen. Vor zwei Wochen nahmen die Brände so stark zu, dass der Bundesstaat Amazonas den Ausnahmezustand ausrief. Satellitenbilder zeigen zudem mehrere brennende Flächen im Bundesstaat Mato Grosso. Mittlerweile sind weitere südamerikanische Länder von den Bränden betroffen.
Der Regenwald der Amazonas-Region gilt als die "Lunge der Welt". Er ist für 20 Prozent der Sauerstoffproduktion weltweit verantwortlich und umfasst eine Vielzahl an Tier- und Pflanzenarten.