Repräsentantenhaus in Kolumbien beschließt Steuerreform trotz Protesten

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Lärmprotest gegen die Steuerreform am Montag vor dem Parlament in Bogotá
Lärmprotest gegen die Steuerreform am Montag vor dem Parlament in Bogotá

Bogotá. Am Montag haben sich erneut tausende Kolumbianer versammelt, um gegen die Reformpläne der Regierung zu demonstrieren. Während vor dem Repräsentantenhaus in Bogotá der "cacerolazo" genannte Lärmprotest  stattfand, beschlossen zur gleichen Zeit die Abgeordneten drinnen die Steuerreform ‒ einer der Gründe für die seit November anhaltende Protestwelle.

Ein Großteil der Bevölkerung steht der Reform kritisch gegenüber. Laut der kolumbianischen Gewerkschaft der Bildungsarbeiter (Federación Colombiana de Trabajadores de la Educación, Fecode) hat die offiziell als "Gesetz für das Wirtschaftswachstum" bezeichnete Steuerreform zum Ziel, "die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu verbessern", unter anderem mit Steuerbefreiungen für Großunternehmer von bis zu 20 Milliarden kolumbianischer Pesos. Auch rund 70 Wissenscchaftler und Wirtschaftsexperten sprachen sich in einem offenen Brief an den Kongress dagegen aus. Darin forderten sie, die Reform nicht umzusetzen, da diese insbesondere großen Unternehmen Steuervorteile gewähren würde, für die es keine solide Rechtfertigung gebe.

Der Gesetzentwurf lag bereits im Oktober vor, damals erklärte das Gericht ihn jedoch für verfassungswidrig. Da der Senat und das Repräsentantenhaus planen, noch vor Ende des Jahres die Steuerreform zu verabschieden, wurde der neue Entwurf mit einer Dringlichkeitsstufe eingereicht, wodurch er Vorzug vor anderen Themen erhält. Im nächsten Schritt muss nun der Senat über den Entwurf abstimmen, dies soll in den nächsten Tagen geschehen.

Das Streikkomitte verurteilte diese Entwicklung, denn damit würden die Verhandlungen zwischen den beiden Parteien zum Stillstand kommen.Trotz des Beginns der Weihachtszeit wurde der Aufruf zu den Demonstrationen im ganzen Land aufgenommen, was die Ablehnung der Bevölkerung erneut unterstreicht.

Im Rahmen der Proteste kam es außerdem erneut zu Gewaltaktionen der Spezialeinheit der Polizei zur Aufstandsbekämpfung (Esmad). Dem Bericht von Denis Gómez zufolge, Menschenrechtsverteidiger der Nationaluniversität (Universidad Nacional de Colombia), erreichte eine friedliche Demonstration ausgehdend von der Plaza Bolívar im Zentrum den Campus der Universität. Als sie in der 45.Straße ankam, habe die Spezialeinheit ohne Vorwarnung angegriffen. Dabei wurde Cristian Rodríguez, Student der Universität Monserrate von einem der Polizisten durch eine Betäubungsgranate (Aturdidora) im Gesicht verletzt. Seinen Kommilitonen zufolge wurde dabei sein linkes Auge schwer getroffen. Vor Ort wurde Erste Hilfe geleistet, anschließend brachte man ihn in die Klinik Méderi.