Regierung in Venezuela baut Kabinett um und erhöht den Mindestlohn

Maduro stellt Leitung des Erdölsektors neu auf. Mit Preiskontrollen und Erhöhung der Grundlöhne will Regierung die Inflationsspirale eindämmen

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Maduro und Kabinettsmitglieder diskutierten am Freitag Maßnahmen zur Eindämmung der Inflation
Maduro und Kabinettsmitglieder diskutierten am Freitag Maßnahmen zur Eindämmung der Inflation

Caracas. Venezuelas Präsident Nicolás Maduro hat sein Kabinett umgebildet. Zugleich kündigte Arbeitsminister Eduardo Pinat eine Erhöhung des Mindestlohns an.

Tareck El Aissami ist zum neuen Erdölminister ernannt worden, er ist zugleich Vizepräsident für Wirtschaft. Der Chemiker und Politiker Asdrubal Chávez übernimmt die Leitung des staatlichen Ölunternehmens PDVSA. Er hatte früher den Vorsitz der in den USA operierenden Tochtergesellschaft Citgo inne. Seit 2017 bekleidete Manuel Quevedo beide Posten in Personalunion. El Aissami und Chávez sind seit Februar in der Präsidialkommission tätig, die den wichtigsten Industriezweig des Landes Land umstrukturieren und das Produktionsniveau erhöhen soll. Der Ölverkauf macht noch immer weit über 90 Prozent der venezolanischen Exporte aus.

Kritiker werfen PDVSA seit langem Missmanagement und Korruption vor. Die Erdölindustrie leidet auch unter mangelnder Wartung, Abwanderung von Fachkräften und fehlenden Investitionen. Die Produktion ist vor allem seit der Verhängung von US-Finanzsanktionen im Jahr 2017 rapide zurückgegangen. Die USA verfügten 2019 weitere Strafmaßnahmen gegen PDVSA und ein generelles Verbot aller Geschäfte mit venezolanischen Staatsunternehmen. Die Produktion wurde in den letzten Monaten zudem durch die Verhängung sekundärer Sanktionen gegen den russischen Energiekonzern Rosneft und den Einbruch der Ölpreise getroffen.

Ebenfalls am Montag kündigte Arbeitsminister Pinate eine Erhöhung des Mindestlohns ab dem 1. Mai um 60 Prozent an. Die Grundlöhne und Renten wurden von 250.000 Bolivares Soberanos (BsS) auf 400.000 erhöht, während die Nahrungsmittelboni von 200.000 auf 400.000 BsS angehoben wurden. Dadurch steigt das Gesamteinkommen auf 800.000 BsS (4,67 US-Dollar zum offiziellen Wechselkurs). Auch wenn die Versorgung mit Nahrungsmittelpaketen durch die Regierung hinzukommt, stehen diese Erhöhungen in keinem Verhältnis zu den massiv angestiegenen Lebensmittelpreisen, bemängeln Kritiker. So betragen etwa die kürzlich festgelegen Preise für ein Kilo Maismehl rund 165.000, für ein Pfund schwarze Bohnen 148.197 BsS.

Die Maßnahmen erfolgen im Zuge des Versuchs der Regierung, die Inflationsspirale einzudämmen, während die Wirtschaft des Landes zusätzlich durch Quarantänemaßnahmen wegen der Covid-19-Pandemie betroffen ist.

Ende vergangener Woche hatten Regierungsvertreter bekannt gegeben, dass regulierte Preise für 27 Produkte des Grundbedarfs mit Privatunternehmen vereinbart wurden. Darüber hinaus werden die Verkäufe von Venezuelas größtem Lebensmittelkonzern Polar, des Fleischproduzenten Plumrose und des Schlachthofs Matadero Turmero staatlicher Kontrolle unterworfen. Ihnen wird vorgeworfen, "gegen zuvor vereinbarte Preise verstoßen zu haben". Die Behörden intervenieren auch beim Speiseölhersteller Portuguesa Oil Consortium, nachdem ähnliche Vorwürfe erhoben wurden. Berichten zufolge werden von den örtlichen Gemeinden und den Streitkräften landesweit Preisüberprüfungen durchgeführt.

Die Verbraucher hatten in den letzten Tagen einen steilen Anstieg der Lebensmittelpreise angeprangert, der mit einer erheblichen Abwertung der venezolanischen Währung einherging. Seit Beginn des Corona-Lockdowns am 17. März hat der Bolívar, gemessen am offiziellen Wechselkurs, 130 Prozent seines Wertes verloren, der "parallele Kurs" hat im gleichen Zeitraum eine Abwertung von 164 Prozent erfahren.

Der Anstieg der Lebensmittelpreise führte neben anderen Missständen wie Treibstoffknappheit und Stromausfälle in der vergangenen Woche zu Unruhen und vereinzelten Plünderungen in den Bundesstaaten Monagas, Lara, Sucre, Yaracuy und Bolívar. Dutzende Menschen wurden festgenommen, ein Mann kam in Upata im Bundesstaat Bolívar ums Leben.

Die Regierung Maduro hatte im Mai 2019 die Devisenkontrollen im Rahmen wirtschaftspolitischer Liberalisierungsmaßnahmen aufgehoben, um die Inflation, die 2018 auf 1,7 Millionen Prozent angestiegen war, unter Kontrolle zu bringen. Vor dem jüngsten Anstieg hatte die monatliche Inflation die 50-Prozent-Hyperinflationsschwelle seit Februar 2019 nur zweimal überschritten. Nach Angaben der Zentralbank war sie im März mit 13,3 Prozent auf dem niedrigsten Stand seit Juni 2017. Analysten warnen jedoch, dass die zur Eindämmung der Inflation angewandte Politik, einschließlich der Beschränkung der im Umlauf befindlichen Geldmenge, auf Kosten einer schrumpfenden Gesamtnachfrage gehe.