Lateinamerika / Soziales

Corona-Impfungen in Lateinamerika und der Karibik

Unterschiedlicher Stand der Kapazitäten und Planungen in der Region. In Brasilien Verzögerung durch politische Kontroversen

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Am 24. Dezember trafen die ersten 300.000 Dosen des Impfstoffs Sputnik V in Argentinien ein
Am 24. Dezember trafen die ersten 300.000 Dosen des Impfstoffs Sputnik V in Argentinien ein

Buenos Aires et al. In mehreren Ländern Lateinamerikas haben Impfungen gegen Corona bereits begonnen oder stehen kurz bevor. Der Bezug der Impfstoffe ist teilweise mit mehreren Anbieter vereinbart, eine Rolle spielt auch die u.a. von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gegründete Plattform Vaccines Global Access (Covax), die einen weltweit gleichmäßigen und gerechten Zugang zu Covid-19-Impfstoffen gewährleisten will.

In Argentinien sind die ersten 300.000 Dosen des russischen Impfstoffs Sputnik V eingetroffen. Mit dem Flug aus Moskau kehrte auch eine argentinische Delegation zurück. Diese war nach Russland geflogen, um sich die Labore des staatlichen Forschungsinstituts Gamaleya anzusehen. Der russische Botschafter in Buenos Aires betonte in einer Pressekonferenz zur Ankunft der Impfdosen die "strategische Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern", um "die Pandemie gemeinsam zu besiegen".

In Argentinien sollen zunächst Mitarbeitende im Gesundheitswesen geimpft werden. Die Impfung ist kostenfrei und freiwillig.

Für Bolivien kündigte Gesundheitsminister Edgar Pozo am Weihnachtstag an, vor März über bilaterale Abkommen Impfungen für die Bevölkerung einzukaufen. 20 Prozent der Bevölkerung über 18 Jahren soll über Dosen der Impfstoffplattform Covax immunisiert werden. Für den weiteren Bedarf liefen derzeit Verhandlungen mit dem US-Konzern Pfizer, mit Moderna Astrazeneca/Oxford, Sinovac und Sputnik. Sechs Prozent der Bevölkerung sollen in den ersten vier Monaten 2021 die Impfung erhalten.

In Brasilien arbeitet das renommierte Instituto Butantan in São Paulo gemeinsam mit der chinesischen Firma Sinovac Life Sciences seit über sechs Monaten an einem Impfstoff. Der Beginn der Massenimpfungen ist für den 25. Januar geplant. Zunächst sollen das Gesundheitspersonal, ältere Menschen, sowie indigene Menschen geimpft werden, sagte der Gesundheitssekretär in Sao Paulo, Jean Gorinchteyn.

Im größten Land Lateinamerikas führten das britisch-schwedische Unternehmen AstraZeneca, Pfizer sowie das chinesische Unternehmen Sinovac gemeinsam mit dem Butantan Institut Testreihen durch. Berichte über die klinischen Studien zum Sinovac-Impstoff "Coronavac" sollen aussagen, dass das Mittel eine höhere Effizienzrate erreiche als die Mindestanforderungen der WHO, so Gorinchteyn. Er ergänzte später in einem Interview mit dem Radiosender CBN, dass die Wirksamkeit jedoch weiter unter 90 Prozent liege.

In Brasilien sind 16 Forschungszentren an der Produktion des Impfstoffs beteiligt, 13.000 Freiwillige nahmen an der dritten und letzten Testphase teil. Ab Mai wird das Butantan Institut die Impfung auch an Argentinien, Bolivien, Kolumbien, Honduras, Peru und Uruguay schicken, berichtete der Nachrichtensender Telesur. Eine Dosis "Coronavac" soll zehn Dollar kosten.

Präsident Jair Bolsonaro hatte die chinesische Impfung zunächst zurückgewiesen. Der Gesundheitsminister Eduardo Pazuello dagegen sagte, man würde jede effektive und von der Zulassungsstelle Anvisa genehmigte Impfung zu einem fairen Preis kaufen. Bolsonaro äußert sich indes weiterhin öffentlichkeitswirksam gegen die Impfkampagne und kündigte an, sich nicht impfen zu lassen.

Der Oberste Gerichtshof in Brasilien hatte zuletzt über eine Impfpflicht nachgedacht. Bolsonaro wies dies zurück. Unter seiner Regierung werde es keine erzwingenden Maßnahmen geben. Während eines Rundgangs ohne Mund-Nasenschutz durch Brasília äußerte der Präsident, er fühle sich nicht unter Druck gesetzt durch die Tatsache, dass andere Länder bereits mit der Massenimpfung begonnen hätten.

In Chile sind am Heiligabend die ersten 10.000 Impfdosen von Pfizer/BioNTech aus Belgien angekommen. Noch am selben Tag begannen drei Krankenhäusern in der Hauptstadt mit Impfungen. Diese sollen in den nächsten Tagen in anderen stärker betroffenen Regionen weitergeführt werden. "Unser Ziel ist es, fünf Millionen Personen dieser Risikogruppen im ersten Trimester zu impfen", sagte Präsident Sebastián Piñera. Dafür wurden mehr als zehn Millionen Dosen eingekauft. Danach sollen bis zu 80 Prozent der Bevölkerung geimpft werden. Chile hat für den Erwerb des Impfstoffs Abkommen mit verschiedenen Laboratorien geschlossen, unter ihnen auch der chinesische Konzern Sinovac und AstraZeneca sowie mit der globalen Plattform Covax.

Auch in Costa Rica haben die Massenimpfungen begonnen, nachdem das Land die ersten 9.750 Impfdosen des Pfizer/BioNTech-Impfstoffs erhielt. Priorität haben das Gesundheitspersonal und Bewohner von Pflegeheimen, kündigte Präsident Carlos Alvarado an.

Costa Rica mit seinen fünf Millionen Einwohner hat Abkommen mit Pfizer und BioNTech abgeschlossen, um die Immunisierung von 1,5 Millionen Personen sicherzustellen, und mit AstraZeneca für weitere 500.000 Personen sowie für eine Millionen Menschen über Covax.

Marcos Espinal, Direktor der Abteilung für ansteckende Krankheiten bei der Panamerikanischen Gesundheitsorganisation PAHO, die Teil der WHO ist, sagte im Interview mit der dominikanischen Zeitung Listin Diario: "Das Problem dieser Impfung (Pfizer) ist, dass in der Mehrheit unserer Länder nicht überall die Kühlkette eingehalten werden kann, die diese Impfung braucht."

In Kolumbien sollen ab Februar die Massenimpfungen beginnen. Nach einem Abkommen mit Pfizer, AstraZeneca und und Covax stünden mehr als 40 Millionen Dosen demnächst zur Verfügung. Damit sollen von den 50 Millionen Einwohner:innen zunächst mehr als 20 Millionen eine Impfung erhalten.

Die kolumbianische Regierung kündigte indes an, dass sie Venezolaner:innen ohne festen Aufenthaltsstatus von der Impfkampagne ausschließen wolle. Dies könnte bis zu 55 Prozent der 1,7 Venezolaner:innen im Land betreffen. "Wer in diesem Moment nicht die kolumbianische Staatsangehörigkeit hat, oder der Migrationsstatus ungeklärt bleibt, wird natürlich nicht geimpft", äußerte Präsident Iván Duque.

Die ehemalige Gesundheitsminister Alejandro Gaviria kritisierte dieses Vorgehen. "Die Venezolaner nicht zu impfen ist eine schlechte Idee aus epidemiologischer Sicht. Aber vor allem ist der Vorschlag nicht ethisch: Er schließt die verletzlichsten Menschen aus und diskriminiert fast schon als eine Art Drohung eine Gruppe Menschen aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit und ihrem Aufenthaltstitel", so Gaviria.

Mexiko erhielt bereits am 23. Dezember die ersten 3.000 Dosen des Impfstoffs Pfizer/BioNTech. Bis Ende Januar sollen insgesamt 1,4 Millionen Dosen geliefert werden, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters. Insgesamt hat Mexiko 34 Millionen Impfdosen gekauft. Erste Mitarbeiter:innen der Gesundheitsberufe werden bereits geimpft. Die 59-jährige Krankenpflegerin María Irene Ramírez aus Mexiko-Stadt hatte sich als erste Person freiwillig für die Impfung gemeldet. "Wir haben Angst, aber wir müssen nach vorne blicken. Und ich will an vorderster Front weitermachen", sagte sie der Zeitung El Universal.

Mit mehr als 120.000 Todesfällen hat Mexiko die viertgrößte Mortalitätsrate durch Covid-19.

Noch hat das peruanische Gesundheitsministerium seine Verhandlungen mit Pfizer/BioNTech nicht abgeschlossen. Es geht um knapp zehn Millionen Impfdosen für die Immunisierung von mehr als vier Millionen Menschen. Ein Angebot von AstraZeneca hatte die Regierung zurückgewiesen, das Abkommen mit der chinesischen Firma Sinopharm noch nicht konkretisiert. Offen ist auch, wann die 13,2 Millionen Impfdosen über die Plattform Covax das Land erreichen. Nach dem letzten Stand soll das Anfang 2021 der Fall sein.