Ecuador / Politik

Richtungsentscheidung in Ecuador bei Wahl unter Pandemiebedingungen

Kandidat der "Bürgerrevolution" Arauz Favorit. Ex-Banker Lasso und Pérez schärfste Konkurrenz. Zweite Runde im April nicht unwahrscheinlich

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Der Wahlzettel für die heutigen Präsidentschaftswahlen in Ecuador
Der Wahlzettel für die heutigen Präsidentschaftswahlen in Ecuador

Quito. In Ecuador finden heute Präsidentschafts- und Parlamentswahlen statt. Der amtierende Präsident, Lenín Moreno, der nicht zur Wiederwahl zur Verfügung steht, beauftragte bereits am Freitag ein Gremium für die reguläre Amtsübergabe. 16 Kanditat:innen sind um das Präsidentenamt im Rennen. Umfragen sehen den linksgerichteten Kandidaten Andrés Arauz klar vorne. Es könnte jedoch zu einer Stichwahl mit dem Zweitplatzierten kommen. Ein hoher Anteil der Wahlberechtigten war bis zuletzt unentschieden.

Der Andenstaat trifft heute eine Richtungsentscheidung: Den neoliberalen Kurs der Regierung Moreno könnte der konservative Ex-Bankier Guillermo Lasso fortführen, der sich bereits zum dritten Mal um die Präsidentschaft bewirbt. Fast alle Umfrageinstitute sehen ihn hinter Arauz, der mit der Bewegung Unes (Union für die Hoffnung) die "Bürgerrevolution" (Revolución ciudadana) des früheren Präsidenten Rafael Correa fortführen will. Carlos Rabascall ist der Unes-Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten. Der 36-jährige Arauz war unter Correa bereits Wissenschaftsminister und verspricht, die Sozialausgaben zu erhöhen und sich den Austeritätsbedingungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu widersetzen. Noch hinter Lasso sehen die Umfragen den Kandidaten der Pachakutik-Partei, Yaku Pérez, der sich gegen Bergbau und Ölförderung einsetzt.

Sollte der Erstplatzierte nicht mehr als 40 Prozent der Stimmen und gleichzeitig einen Vorsprung von zehn Prozentpunkten erreichen, müssen sich die beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen einer Stichwahl stellen, die am 11. April stattfinden soll.

In einer möglichen Stichwahl hinge also viel davon ab, wem sich die Wähler:innen der ausgeschiedenen Kandidaten anschließen. Während Lasso bereits ankündigte, dass er, sollte er nur den dritten Rang belegen, Pérez unterstützen würde, um den "Correismo" zu verhindern, wich Pérez selbst einer Antwort aus und zeigte sich fest überzeugt, es in die Stichwahl zu schaffen. Doch auch die noch unentschiedenen Wähler:innen – laut Meinungsumfragen zwischen 30 und 60 Prozent – könnten eine entscheidende Rolle spielen.

Neben dem Präsidenten- und Vizepräsidentenamt werden zudem die 137 Sitze des Parlaments, bestehend aus 15 nationalen, 116 Wahlkreis- und sechs Kandidaten für die im Ausland lebenden Ecuadorianer:innen, sowie die fünf Abgeordneten des Andenparlaments, der Versammlung der Andengemeinschaft, gewählt. Die ersten Hochrechnungen werden zwischen 19:30 und 20 Uhr Ortszeit (1:30 bzw. 2 Uhr am Montag nach mitteleuropäischer Zeit) erwartet.

Um sieben Uhr Ortszeit öffnen die gut 4.200 Wahllokale im ganzen Land, die Möglichkeit der Briefwahl gibt es nicht. Aufgrund der Pandemie (siehe auch heutige Meldung von amerika21 zur aktuellen Lage) werden die Wahlberechtigten in zwei Gruppen eingeteilt: Diejenigen, deren Personalausweis auf eine gerade Ziffer endet, wählen am Vormittag, die ungeraden zwischen 12 und 17 Uhr. In Ecuador herrscht für Personen zwischen 18 und 65 Jahren Wahlpflicht, für 16- bis 18-Jährige sowie für die über 65-Jährigen ist die Wahlbeteiligung freiwillig. Insgesamt sind gut 13 Millionen Menschen zur Wahl aufgerufen, darunter etwa 400.000 Ecuadorianer:innen, die im Ausland leben. Letztere können in 64 Konsulaten in 40 Ländern ihre Stimme abgeben.

Arauz hatte ursprünglich mit Ex-Präsident Correa als Stellvertreter antreten wollen. Dessen Kandidatur wurde aber aufgrund eines umstrittenen Urteils gegen den in Belgien lebenden Wirtschaftswissenschaftler wegen Korruptionsvorwürfen untersagt. Selbst die Ausstrahlung von Wahlwerbespots, in denen Correa zu sehen war, untersagten örtliche Behörden. Bis zuletzt gab es auch Versuche, das Kandidatenpaar Arauz/Rabascall von der Wahl auszuschließen (amerika21 berichtete).