Bogotá. Anlässlich der Ermordung des haitianischen Präsidenten Jovenel Moïse hat die Organisation "Veteranen für Kolumbien" eine "hohe Beteiligung" von kolumbianischen Militärs im Ruhestand an Söldnergruppen weltweit angeprangert. Die "Veteranen" haben in einem Kommuniqué die Verwicklung der Kolumbianer in die Haiti-Affäre verurteilt. Sie warnen, dass Aktionen wie diese "nur die Spitze des Eisbergs" und das Ergebnis einer Staatspolitik seien, die auf "Sicherheit durch Gewalt" setzte.
Ex-Militärs hätten sich auch den paramilitärischen "Gaitán-Selbstverteidigungsgruppen" (AGC) sowie illegalen Sicherheitsunternehmen angeschlossen, die im Auftrag von mexikanischen Drogenhändlern an der kolumbianischen Pazifikküste tätig seien. Die Veteranen-Organisation weist außerdem darauf hin, dass Mitglieder der Reserve der Streitkräfte sich an bewaffneten Aktionen gegen Protestierende in den Städten Cali und Pereira beteiligt hätten.
Ihre Organisation habe Informationen bekommen, dass ehemalige Militärs aktuell von privaten Sicherheitsfirmen für Sonderaufgaben gegen Oppositionelle rekrutiert werden. Die Firmen seien dabei, "spezielle Gruppen zu bilden, die in der Lage sind, Überwachung, Beschattung, Abhören von Kommunikation sowie Entwicklung von falschen Nachrichten gegen kolumbianische Politiker durchzuführen."
In ihrem Kommuniqué teilen die "Veteranen" ihre Sorge mit, dass diese Gruppen für Terroraktionen eingesetzt werden könnten, um die kommenden Präsidentschaftswahlen durch "Angst und Chaos" zu beeinflussen. Sie befürchten den Einsatz von Sprengsätzen in kolumbianischen Städten und Attentate gegen politische Persönlichkeiten.
Das Schriftstück regt zum einen an, auf die Ex-Angehörigen des Militärs und der Polizei mehr zu achten. Sie seien "Personen mit bewaffnetem Training und wenig Chancen nach ihrer Trennung von den militärischen Institutionen". Zum anderen fordert es eine Änderung in der Militärethik und eine Umschichtung der Militärausgaben, um vertagte Probleme im Gesundheits-, Bildungs-, und Wohnungswesen zu lösen.
Die "Veteranen" rufen ihre "aktiven und in Ruhestand versetzten Kameraden der Polizei und des Militärs" zum Frieden auf und dazu, die kolumbianische Verfassung und die Souveränität anderer Nationen zu respektieren.
Die Organisation der Ex-Militärs stellt den Gegenpol zu dem ultrarechten "Kolumbianischen Verband der Militäroffiziere im Ruhestand" (Acore) dar. Acore hat sich deutlich gegen den Friedenprozess und die Übergangsjustiz gestellt und ist mit dem Ex-Präsidenten Álvaro Uribe, dem Mentor des amtierenden Präsidenten Iván Duque, eng verbunden.
"Veteranen für Kolumbien" unterstützt hingegen den Friedensprozess. Die Organisation befürwortet die Proteste der "sozialen Explosion" und hat sich dem "Historischen Pakt" (Pacto Histórico) der progressiven Parteien und Bewegungen angeschlossen. Zuletzt übernahm sie die Sicherheit des angesehenen Reporters von "Canal Dos" in Cali, Alberto Tejada. Der Journalist ist wegen seiner Berichterstattung auf der Seite der Widerstandsbewegung zum Ziel eines Mordplans geworden.
Bei dem Mord an Moïse handelt es sich nicht um einen Einzelfall des Exports von Söldnern aus Kolumbien. 2009 sollen 130 kolumbianische Paramilitärs im Dienst von Großgrundbesitzern in Honduras tätig gewesen sein. Sie sollen angeheuert worden sein, um die Proteste nach dem Putsch gegen Manuel Zelaya einzudämmen. Im Jahr 2011 enthüllte die New York Times, dass Dutzende kolumbianische Ex-Militärs für die Bildung einer geheimen Armee in den Vereinten Arabischen Emiraten durch den Multimillionär Eric Prince, Gründer von Blackwater World Wide, angeheuert wurden. Sicherheitsfirmen haben ehemalige kolumbianische Militärangehörige auch 2006 in den Irak und 2015 in den Jemen gesandt.
Wie die Kolumbianer nach Haiti gelangt sind, wird noch ermittelt. Offiziell heißt es, es handle sich um sieben Zivilisten und 13 Ex-Militärs. Der Journalist und frühere Teilnehmer der Haiti-Solidaritätsbrigade Desslines, Lautaro Rivara, hat allerdings gegenüber einem kolumbianischen Leitmedium versichert, dass mindestens sechs der festgenommenen Kolumbianer Militärs im aktiven Dienst seien und nicht ehemalige Militärangehörige, wie der kolumbianische Verteidigungsminister Diego Molano sagte. Zwei der Aktiven seien Feldwebel der Streikkräfte. Am Wochenende wurde bekannt, dass einer der Festgenommenen ein Cousin des Sicherheitsberaters von Präsidenten Iván Duque ist.