Port-au-Prince. Mehrere Organisationen der Opposition in Haiti rufen die Bevölkerung weiter dazu auf, gegen das für den 27. Juni geplante Verfassungsreferendum des Präsidenten Jovenel Moïse zu protestieren. Bereits letzte Woche marschierten Hunderte von Bürgern gegen die Regierungspläne und warfen dem Präsidenten vor, eine Diktatur aufbauen zu wollen.
Unter den Organisationen und Plattformen, die die Bevölkerungen gegen die Regierung aufriefen, waren der nicht durch Wahlen legitimierte Senat sowie das regierungskritische Bündnis "Demokratischer und Volkssektor" (DuVS). Da die Parlamentswahlen im Herbst 2019 nicht stattfanden, besteht das Parlament, und damit auch der Senat, seit Januar 2020 nicht mehr regulär (amerika21 berichtete). Der DuVS ist eine Gruppierung, die sich aus gemäßigten und radikalen Parteien und sozialen Organisationen zusammensetzt. "Wenn ein Präsident mit einem angefochtenen Mandat dem Volk durch ein Referendum, das alle demokratischen Regeln verletzt, sein eigenes Gesellschaftsprojekt aufzwingen will, müssen die Bürger rebellieren und dieses Projekt vereiteln", so Joseph Lambert, Präsident des Senats, gegenüber Reportern.
Um das Referendum und die Wahlen durchführen zu können, gab Premierminister Claude Joseph am Dienstag bekannt, dass ein Dialog zwischen Präsident Moïse und anderen politischen Akteuren im Gange sei, um eine "Regierung der Einheit" zu bilden. Er sagte dabei jedoch nicht, um welche Akteure es sich handele. Eine Woche zuvor hatte Moïse die Kritiken zurückgewiesen und seine Aussage bekrätigt, dass die von der Opposition gewünschte und einseitig eingeführte Übergangsregierung (amerika21 berichtete) keine Lösung für die Probleme des Landes darstelle.
Auch verteidigte er das Verfassungsreferendum damit, dass die Rechte der Diaspora wiederhergestellt und jungen Menschen der Zugang zu politischen Ämtern ermöglicht würde.
Weitere Zusammenschlüsse werfen dem Referendum Illegalität vor, da diese Volksbefragung laut aktueller Verfassung verboten sei. Unter diesen Organisationen sind die Kooperative Gemeinschaft (Konbit) der gewerkschaftlichen und volkspolitischen Organisationen und die dessalinische Volksbewegung. Sie kritisierten zudem die internationale Gemeinschaft, da sie zwar das Referendum ablehne, aber Unterstützung zeige für Wahlen, denen es an Legitimität fehle.
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Damit beziehen sie sich auf die Zusage der USA vom April, überfällige Neuwahlen, aber kein Verfassungsreferendum zu unterstützen, da eine solche Abstimmung in diesem Jahr nur zu noch mehr Unruhen führe. Auch im April drückten Vertreter der Vereinten Nationen, der Europäischen Union und der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) sowie der Botschaften Brasiliens, Kanadas, Frankreichs, Deutschlands, Spaniens und der USA ihre Besorgnis darüber aus, dass "der Prozess in diesem Stadium nicht ausreichend inklusiv, partizipativ oder transparent" für die Unterstützung eines Referendums sei.
Am vergangenen Mittwoch bestätigte die OAS für spätestens Mitte Juni die Entsendung einer fünfköpfigen Delegation nach Haiti, um aus der politischen Sackgasse helfen zu können und das Scheitern der Präsidentschafts- und Parlamentswahlen zu verhindern.
Ob der seit Jahren andauernden politischen und sozialen Krise hat die US-Regierung unterdessen den im Land befindlichen haitianischen Immigranten eine längere Aufenthaltsdauer und Arbeitserlaubnis ermöglicht. Dies teilte das Ministerium für Innere Sicherheit mit. Die Erweiterung des sogenannten "Temporary Protected Status" (TPS) wird schätzungsweise 150.000 Haitianer abdecken, sagte der demokratische Senator Bob Menendez in einer Stellungnahme, in der er die Entscheidung lobte. Die Erlaubnis gilt zwischen sechs und 18 Monaten und kann erneuert werden.
Der Sekretär des US-Ministeriums für Innere Sicherheit, Alejandro Mayorkas, sagte dazu, dass man tun müsse, was man könne, um haitianische Staatsbürger in den Vereinigten Staaten zu unterstützen, "bis sich die Bedingungen in Haiti verbessern, damit sie sicher nach Hause zurückkehren können". Die Verlängerung gelte allerdings nur für Haitianer, die schon vor dem 21. Mai in den USA waren. Diejenigen, die nach diesem Datum eintreffen, könnten laut Mayorkas nicht berechtigt sein und dementsprechend abgeschoben werden.